Finanzpolitik

Land wird nachhaltig in die Pleite regiert

Auch Schleswig-Holstein ist Pleite. Deshalb wurde bereits im Mai eine Haushaltssperre verhängt. Ministerpräsidentin Simonis hat am 17.07. zusammen mit Finanzminister Möller und Umweltminister Müller den Haushaltsentwurf für das Jahr 2002 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2005 vorgestellt. "Das Kabinett hat den schwierigen Kraftakt gemeistert. Wir legen einen Haushalt der äußersten Selbstbeschränkung vor, einen Haushalt der härtesten Einschnitte und der Konzentration auf das Notwendige und Machbare. Wir halten Kurs und werden die Konsolidierung schaffen. Die soziale Infrastruktur im Land wird erhalten, sie ist durch die Einsparungen nicht gefährdet", sagte Simonis.

Um diesen Kurs zu halten, wurde eine Haushaltslücke von 320 Millionen Euro gegenüber den Anmeldungen geschlossen. Für die Deckung wurden Einsparungen in Höhe von rund 200 Millionen Euro vorgenommen, rund 80 Millionen Euro werden durch Mehreinnahmen ausgeglichen, und 40 Millionen Euro stammen aus der in 2001 erwirtschafteten Rücklage. Die gravierendsten Sparmaßnahmen im Haushalt 2002 gegenüber dem Nachtragshaushalt 2001 finden im Bereich der Personalkosten statt.

Beschlossen wurden u.a.:

Neben sofort wirkenden Einsparungen hat das Kabinett eine Reihe von strukturellen Veränderungen beschlossen, die mittelfristig Kosteneinsparungen (durch Personalabbau) bringen sollen. Als Beispiele nannte Heide Simonis: Neuordnung der Straßenbauverwaltung, Neukonzeption für die Landeszentrale für politische Bildung, Neuordnung der Landwirt- schaftskammer, Zusammenlegung der Bezirkskassen, Zusammenarbeit der Hochschulen in Flensburg, Neukonzeption der Muthesiushochschule und Bündelung von FH-Studiengängen. Für die "Nachschiebelisten" stehen noch die Vorhaben im Bereich der Datenzentrale, bei der Polizeiverwaltung, bei der Verwaltungszusammenarbeit von Fachhochschule, Laserzentrum, Klinikum und Hochschule in Lübeck, die Reform der Oberfinanzdirektion und die Zusammenlegung der Technologietransferzentrale mit der Energieagentur an.

Auch alle drei Programmteile von ZIEL werden gekürzt, im Regionalprogramm werden die Landesmittel um vier Millionen Euro, Arbeit für Schleswig-Holstein (ASH) um 2,3 Millionen, Zukunft auf dem Lande (ZAL) um 17,5 Millionen. Massive Kürzungen wurden auch im Wohnungsbau, beim Blindengeld (10%) und beim Küstenschutz beschlossen. Zur Sicherung der Unterrichtsversorgung werden wie geplant 200 neue Lehrerstellen eingerichtet. Außerdem sind im Haushaltsentwurf weitere 100 neue Stellen für Lehramtsanwärter/Studienreferendare vorgesehen, um dem Nachwuchsbedarf an Lehrkräften zu begegnen. Durch die Verlängerung der Arbeitszeit für beamtete Lehrkräfte um eine halbe Stunde pro Woche soll sich eine verbesserte Unterrichtsversorgung im Werte von 117 Lehrerstellen ergeben. Der Einstieg in das Ganztagsangebot für Schulen erfordert Haushaltsmittel im Wert von 45 Stellen, die zusätzlich aus der Mehrarbeit erwirtschaftet werden. Außerdem soll die Privatschulförderung auf dem derzeitigen Niveau gedeckelt und die Abendreal- schulen stufenweise geschlossen werden.

Im Skandal um das 35-Millionen-DM-Defizit im Bildungshaushalt besteht sicherlich noch Aufklärungsbedarf. Das Ministerium räumte zwar Fehler bei der Personalplanung ein. Bezweifelt werden kann jedoch die Darstellung der Planungsfehler sei durch einen Rechenfehler einer "armen Seele" enstanden. Für die weitere Aufrüstung der Polizei stehen im nächsten Jahr insgesamt 340,2 Millionen Euro zur Verfügung, 7,4 Millionen Euro mehr als 2001. Das bedeutet: Es werden keine Stellen gestrichen. Der Schicht- und Ermittlungsdienst behält seine derzeitige Stärke. Im nächsten Jahr werden 185 junge BeamtInnen in die Landespolizei eingestellt. PolizeibeamtInnen in S-H sollen eine persönliche Schutzweste erhalten. Dafür stehen in diesem und im nächsten Jahr jeweils rund eine Million Euro und im Jahre 2003 noch einmal 0,8 Millionen Euro zur Verfügung.

Finanzminister Claus Möller nannte die Eckdaten, die den Haushalt 2002 kennzeichnen: Die Nettoausgaben des Haushalts 2002 betragen 7,723 Milliarden Euro. Die Steigerung der Nettoausgaben liegt bei 0,7 Prozent. Die Neuverschuldung 2002 liegt bei rund 510 Millionen Euro. Die Kreditfinanzierungsquote beträgt 6,6 Prozent. Die Ausgaben für Investitionen belaufen sich auf 721,9 Millionen Euro.

Die Nettokreditaufnahme der mittelfristigen Finanzplanung stellt sich wie folgt dar:

Zu dem vorgelegten Haushaltentwurf 2002 sagte Anke Spoorendonk (SSW) "Auch der SSW erkennt den Ernst der finanziellen Lage des Landes an. Wir vermissen aber in dem Haushaltsentwurf der Landesregierung, was man über das Sparen hinaus mit den Strukturänderungen und Kürzungen erreichen will. Es fehlen Konzepte, die den Betroffenen dieses Sparhaushaltes auch Perspektiven für die Zukunft geben." Angesichts der stagnierenden Konjunkturlage fehlten insbesondere auch beschäftigungsfördernde Maßnahmen im Haushalt, "wer das Programm ZIEL kürzt, wer das Programm Arbeit für Schleswig-Holstein, den Landesstraßenbau, den Wohnungsbau und die Städtebauförderung kürzt, darf sich nicht darüber wundern, wenn dies Folgen für den Arbeitsmarkt in S-H hat." Besonders kritisch sah die SSW-Abgeordnete den Vorschlag, die Zuschüsse für die Schulen der dänischen Minderheit bis 2005 zu deckeln: "Dadurch werden die dänischen Schulen völlig von der Entwicklung im öffentlichen Schulbereich abgekoppelt." Während die Zuschüsse pro Schülerinnen und Schüler in den öffentlichen Schulen wahrscheinlich auch in den nächsten Jahren ansteigen, sollen die Zuschüsse für den dänischen Schulverein auf dem Niveau von 1998 festgeschrieben werden.
(hg)

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