Kommunalpolitik

Drogenszene:

Standort Gaarden in Gefahr

Die Idee, den Vinetaplatz mit Opernmusik zu beschallen und so die lokale Drogenszene aus Gaarden zu vertreiben, ist eine der jüngsten, wenn auch sicher nicht der letzte Einfall im Kieler Absurditäten- und Gruselkabinett zur Lösung des Drogenproblems auf dem Ostufer.

Vinetaplatz

Bereits im Mai hatte die CDU-Ratsfraktion die Videoüberwachung des Gaardener Zentrums gefordert, war mit ihrem Antrag in der Ratsversammlung aber gescheitert. Keine der Ratsfraktionen war in ihren Anträgen auf die Idee gekommen, dass zwischen Konsumenten und Dealern ein nicht unwesentlicher Unterschied bestehe und die "konsequente Anwendung des Ordnungsrechts" (CDU) für die erstgenannte Gruppe vielleicht unangemessen sei.

In den "Kieler Nachrichten" durften ansässige Geschäftsleute wie Hans-Jürgen Schönfelder mit Sprüchen wie "Die Stadt forciert das Problem dadurch, dass sie hier verstärkt Beratungsstellen einrichtet" glänzen.

Neben ähnlich absonderlichen Vorschlägen kamen aber auch einige brauchbare Ideen auf den Tisch. Die Grünen etwa forderten die Einrichtung von Fixerstuben in Kiel. Ihr Antrag wurde zunächst an den zuständigen Ausschuss überwiesen.

Zum Ende der Sommerpause wird die Stadt auf Veranlassung der Ratsversammlung ein Handlungskonzept vorlegen, das für weitere Diskussionen sorgen wird.

Auf Initiative der Heinrich–Böll–Stiftung und des Bündnisses Entwicklungspolitischer Initiativen fand Ende August ein – eher schlecht besuchter – Diskussionsabend statt, der sich mit dem Thema etwas seriöser auseinander setzten wollte.

Als Ursache für die jüngste Konzentration der Kieler Drogenszene auf dem Vinetaplatz macht Oguz Basoglu von der Drogenhilfe Kiel Ost die Bauarbeiten im Kieler Zentrum (insbesondere am Bahnhof und im Sophienhof) aus, zudem hat der Bau der Hörn-Brücke zu einer besseren Erreichbarkeit Gaardens beigetragen.

Festgestellt wurde aber auch, dass sich die Zahl der Abhängigen auf dem Ostufer selbst vergrößert hat. Ein nicht unerheblicher Grund dürfte der jahrelange sozialpolitische Sparkurs der Stadt sein. In Gaarden gibt es mittlerweile keinen einzigen städtischen Jugendtreff mehr. Zum (Wieder-) Aufbau langzeitpräventiver Maßnahmen kommen aus dem kommunalen Jugendhilfebereich kaum Impulse.

In der Vertreibung der Szene sieht eine Streetworkerin nicht die Lösung des Problems. Durch einen erzwungenen Rückzug der Abhängigen in Privatwohnungen werde es für die Hilfeeinrichtungen nur schwerer, an die Suchtopfer heran zu kommen.

Vielleicht käme es ja auch nur zu einer Verlagerung der Szene nach Ellerbek oder Wellingdorf – aber da gibt es schließlich nicht so viele Geschäftsleute, die um ihre Einkünfte bangen könnten.

Einhellig verurteilt wird der – durch die "Kieler Nachrichten" verbreitete – Vorschlag, das Problem mit der Ausländerrechtskeule einzudämmen. Bereits der Besitz kleinster Mengen harter Drogen kann für die Migranten zur Abschiebung führen. Für einige Menschen scheint die Vorstellung reizvoll zu sein, auf dem Vinetaplatz nur noch echte deutsche Fixer anzutreffen.

Das Jugendamt wird übrigens am 10. und 11. November eine Bürgerkonferenz in Gaarden organisieren. Die Fixerszene dürfte auch dort auf der Tagesordnung stehen. (mk)

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