Internationales

Rätselraten um WTO-Ministertagung im November

Katar oder nicht Katar?

Eigentlich hatte man es sich schön ausgedacht: Nach dem Desaster von Seattle sollte das nächste Ministertreffen der Welthandelsorganisation (WTO) Anfang November in der Wüste stattfinden. Im arabischen Ministaat Katar sind keine Demonstrationen zu erwarten, schon deshalb nicht, weil nur eine kleine Zahl handverlesener Kritiker ins Land gelassen wird. Nur wer bei der WTO eine Akkreditierung ergattern kann, bekommt auch ein Visum, und die Zahl der Vertreter von Nichtregierungsorganisationen wurde auf 600 begrenzt. Über die Hälfte dieser Plätze geht zudem an Vertreter von Industriellen-Verbänden und ähnlichem.

Doch die schönen Pläne laufen derzeit Gefahr, vom US-Aufmarsch in der Region durchkreuzt zu werden. Seit einiger Zeit brodelt daher die Gerüchteküche, die Tagung könnte verlegt werden. Dieser Tage spekulierte US-Handelsminister Robert Zoellick öffentlich über eine Umbuchung. Aus Sicherheitserwägungen seien WTO und US-Regierung derzeit dabei, eine Überprüfung des Termins vorzunehmen. Aus den Kreisen der WTO heißt es indes, dass bisher keine Regierung mit einem formalen Gesuch an die Institution herangetreten sei.

Unmittelbar nach den Anschlägen hatte Zoellick bereits verlauten lassen, dass nunmehr die Verhandlungen eine besondere Dringlichkeit haben. In einem Interview mit dem US-amerikanischen Sender CNBC hatte er davon gesprochen, dass Handel ein wichtiger Teil der "Gegenoffensive" der USA sei. Auch der EU-Kommissar für Handelsfragen, Pascal Lamy, stimmte Anfang der Woche in den Chor derjenigen ein, die im Leid der Opfer ihr Süppchen kochen: Der Kampf gegen Terrorismus und Armut würde besser geführt werden können, wenn eine neue WTO-Verhandlungsrunde zustande kommt, meinte Lamy vor Geschäftsleuten in Nairobi. Der Franzose putzt seit Jahren für die EU in aller Welt die Klinken, um die Regierungen der Entwicklungsländer dazu zu bewegen, einer neuen Verhandlungsrunde zuzustimmen.

Nach den Vorstellungen der EU sollte diese bereits im Dezember 1999 in Seattle eröffnet werden. Die Minister der seinerzeit 135 WTO-Mitgliedsländer konnten sich jedoch nicht auf eine Tagesordnung einigen, so dass man unverrichteter Dinge auseinanderging.

Für Katar ist ein neuer Anlauf geplant. Seit dem Sommer hat es daher bereits eine Reihe informeller Vorgespräche geben, um Meinungsverschiedenheiten auszuloten. Besonders in Afrika, wo sich letzte Woche die EU-Handelsminister in Nairobi mit ihren Kollegen aus den Staaten der Karibik, Afrikas und der Pazifikregion trafen, gibt es starke Vorbehalte gegen eine neue Runde. Es gebe noch eine ganze Fülle "unerfüllter Versprechen und nicht eingehaltener Verpflichtungen" des Nordens aus der vorhergehenden Runde, schrieb Tansanias Präsident Benjamin Mkapa den Europäern anlässlich des Treffens ins Stammbuch. "Für uns gibt es keine Notwendigkeit, uns in neue Verhandlungen zu stürzen. Was wir statt dessen brauchen, ist Hilfe für die armen Nationen, damit diese Kapazitäten aufbauen können, um effektiv am globalen Handelssystem teilnehmen zu können, wie die Industriestaaten es versprochen hatten." (wop)

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