Kommentar

Schröder will mitspielen

Nun haben sie also losgeschlagen. Und: Wieder einmal sollen wir das Märchen vom humanitären Krieg glauben, denn mit den Bomben will man auch Nahrungs mittel und Medikamente abwerfen. Doch wer verteilt sie, wenn ringsum die Bomben fallen? Wer bringt die dringend benötigten Güter zu den Flüchtenden, zu jenen, die in ihren Dörfern sitzen, abgeschnitten von den Verteilungssystemen? Rund 3,5 Millionen Af gha nen sind von Nahrungs mittel spenden aus dem Ausland abhängig. "Für zwei Wochen sind noch Nahrungsmittel im Land", hieß es Anfang des Monats bei den UN-Hilfsorganisationen. Bush will 350 Mio. Dollar für die Hilfslieferungen bereitstellen. Die Summe macht lediglich einen Bruchteil dessen aus, was in den letzten beiden Jahrzehnten seitens der USA in afghanische "Freiheitskämpfer" inklusive Osama bin Laden und die Taliban gesteckt wurde.

So sieht es aus, wenn "die zivilisierte Welt" gegen den Terrorismus zu Felde zieht. Kaum einem fällt indes auf, dass die so genannten Beweise nicht einmal für einen Haftbefehl reichen. Jedenfalls sind sie bisher keinem Gericht vorgelegt worden und ein formales Auslieferungsgesuch, wie es nach internationalem Recht üblich ist, wurde nicht gestellt. Diejenigen, die Recht und Freiheit vorgeben zu verteidigen, ersetzen wieder einmal Völkerrecht durch Fasutrecht. Allein schon dies lässt für die Zukunft Schlimmes befürchten.

In Berlin hat man derweil andere Sorgen. Immer wieder betont der Kanzler, dass er auch Sol daten schicken würde, wenn er denn gefragt wird. Wird er aber nicht. Dabei würde man zu gerne ein bisschen Kampferfahrung sammeln und an der Heimatfront das Volk an tote Helden gewöhnen. Doch auch so legt man die Hände nicht in den Schoß. Die Bundesregierung weiß die Lage zu nutzen, um die eigene Position auszubauen. Diplomatisch, wie auch militärisch, wie die jüngst im Schatten der Krise durchgeboxten Aufrüstungsmaßnahmen zeigen. Am Ende dieser Entwicklung wird - wenn nichts dazwischen kommt - eine den USA ebenbürtige Militärmacht Europa stehen. Wer meint, das sind gemütliche Aussichten, der muss entweder lebensmüde oder koalitionswütig sein. (wop)

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