Kommentar

Tiefrote Bilanz

Das ist rekordverdächtig. Kaum hat es die "basisdemokratische und gewaltfreie" Partei in die Regierung geschafft, schon führt Deutschland einen Krieg nach dem anderen. Am Freitag letzter Woche stimmte der Bundestag bereits zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode für Krieg. Notorische Mitgestalter könnten daraus viel lernen, was sie allerdings nicht werden.

Nicht, dass wir viel drum geben würden; auch nicht, dass wir besonders überrascht wären; vermerkt soll er aber dennoch werden der Kolateralschaden an der Heimatfront: Die Verfassung - oder besser: das Grundgesetz, denn eine richtige Verfassung sollte es ja 1990 nicht sein, da die hiesige Bourgeoisie es nicht so mit der bürgerlichen Republik hat. Entsprechend lax geht man mit ihr im Ernstfall um. Traditionell.

Ernstfall heißt Kriegsfall. Deutsche Soldaten sollen bei Bushs Kreuzzug mitmachen. Der braucht sie zwar nicht unbedingt und musste sich entsprechend nachhaltig bitten lassen, deutsche Unterstützung anzufordern. Aber eine derartige Chance wollte man sich nicht entgehen lassen. Endlich wieder wer sein; endlich wie die Briten auf den Falklands, die Franzosen auf diversen afrikanischen Schauplätzen und die Amis in aller Welt, mitmischen und -morden. Da wird man sich doch nicht durch solche Kinkerlitzchen wie der Unabhängigkeit der Parlamentarier von abhalten lassen.

Die Geschichte in Afghanistan verspricht noch eine Weile zu laufen. Da können unsere Jungs vielleicht endlich mal ein bißchen Kampferfahrung sammeln. Notfalls sollte man vielleicht Osama bin Laden schmieren, damit er zur Nordallianz überläuft. Große ideologische Differenzen scheinen sie ja nicht zu haben, und der zivilisierten Welt glorreiche Verbündete lassen bereits wissen, dass sie an Schutztruppen keinen Bedarf haben. Das kann man sich doch nicht bieten lassen, oder?

Wie dem auch sei, selbst wenn schon in den nächsten Wochen am Hindukusch Frieden einkehren sollte, was den Afghanen zu wünschen, aber leider nicht sehr wahrscheinlich ist, selbst wenn bin Laden gefaßt und seine Anhänger entwaffnet wären, was noch viel unwahrscheinlicher, da vermutlich nicht einmal beabsichtigt, selbst dann hätte die ganze Geschichte ihren Zweck erfüllt. Die Grünen sind endgültig domestiziert, die Position des deutschen Imperialismus ist international gefestigt, die deutsche Öffentlichkeit weich gekocht.

Auch das gehört zu einer "nüchternen Analyse des ‘Krieges gegen den Terrorismus’". Wenn die Bilanz aufgemacht wird, sollte man sich nicht durch einige schwarze Zahlen täuschen lassen. Unterm Strich sieht es tiefrot aus, und das ist in diesem Falle bestimmt nicht die Farbe der Revolution. (wop)

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