Krieg & Frieden

"Sie würden zeigen, dass sie nichts verstanden haben."

Stimmen aus der Region

"Nein zum US Krieg, nein zum religiösen Terror" prangt auf einem Banner, das die homepage der Bus in KabulInternationalen Föderation der Iranischen Flüchtlinge (IFIR) derzeit schmückt. "Wir, die wir sowohl unter dem mörderischen und reaktionären politischen Islam wie auch unter dem US-Militarismus und seinen Aggressionen gelitten haben, können keine Partei in diesem Konflikt ergreifen", heißt es in einer IFIR-Erklärung zum Krieg gegen Afghanistan. Und weiter: "Wir verurteilen die Angriffe und Bombardements nicht-militärischer und ziviler Ziele, die Kriegsverbrechen darstellen." Es handele sich um den Krieg zweier terroristischer Lager. Weiter wird der Sturz des Taliban-Regimes und die Schwächung der islamischen Bewegung in der Region begrüßt und den USA vorgeworfen, zusammen mit den Nachbarstaaten ein neues reaktionäres Regime zu installieren. Gleichzeitig wird Freizügigkeit für die afghanischen Flüchtlinge gefordert und u.a. die iranische Regierung scharf angegriffen, die alleine an drei Tagen im Oktober, während bereits die Bomben fielen, mehrere Tausend Flüchtlinge nach Afghanistan zurückgeschickt habe.

IFIR hielt übrigens in Stockholm vom 16. bis zum 18. November seinen neunten, alle zwei Jahre stattfindenden Internationalen Kongress ab. Fahimeh Parvaz, die als Vertreterin der Revolutionären Vereinigung Iranischer Frauen (RAWA, www.rawa.org) auf der Konferenz sprechen sollte, wurde von den schwedischen Behörden ein Visum verweigert. Eine andere RAWA-Sprecherin, Tahmeena Faryal, verurteilte Ende November in einer Erklärung die Bombardements der USA und ihrer Verbündeten und machte auf die zahlreichen zivilen Opfer aufmerksam. Die USA würden mit der Invasion die Politik unterstützen, die bin Laden und die Taliban erst möglich gemacht haben. Ihre Verbündeten, die Nordallianz, seien kaum besser als das jetzt gestürzte Regime: "Von 1992 bis 96 haben diese Kräfte einen brutalen Krieg gegen Frauen geführt, in dem sie Vergewaltigungen, Folter, Entführungen und Zwangsheirat als Waffen einsetzten. Viele Frauen begannen in dieser Zeit Selbstmord, den sie als einzigen Ausweg sahen." Weiter warnt Faryal davor, dass die vielen zivilen Opfer der US-Bomben die fundamentalistischen Kräfte in der Region stärken.

Eine Befürchtung, die von vielen Linken aus der Region geteilt wird. Raghav Nasalay, der im indischen Mumbai (Bombay) für Focus on the Global South arbeitet, berichtete Anfang November in einem Interview der jungen Welt, dass in Indien die rechten Kräfte sowohl unter den Moslems als auch den Hindus durch den Konflikt profitieren würden und die Spannungen anheizten, wo sie könnten.

Wasserholen im Kriegsgebiet

Die Kommunistische Arbeiter- und Bauernpartei Pakistans, die sich selbst als marxistisch-leninistisch bezeichnet, weist in einer Analyse auf das "Große Spiel" um das zentralasiatische Öl hin. Die USA würden die Taliban vor allem stürzen, weil sie nicht in der Lage seien, für stabile Verhältnisse zu sorgen. Letztere seien für die USA wichtig, weil man in Washington am Bau einer Pipeline durch Afghanistan interessiert sei. (Auch die deutsche Industrie, so ein Vertreter der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände im jW-Interview, ist am Pipelinebau "sehr, sehr" interessiert.)

In Pakistan, so die Stellungnahme weiter, müssten die Kommunisten "die Hand abschlagen, die die Taliban füttert", ohne dabei auf die US-Rhethorik hereinzufallen. "In der gegenwärtigen historischen Anordnung kommt uns daher die schwierige Rolle zu, den US-Imperialismus und seine pakistanischen Komparsen zu bekämpfen, und zwar in einer Weise, dass gleichzeitig die Menschen über die Geschichte des Fundamentalismus aufgeklärt werden. Wir müssen die Verbindung zwischen dem Fundamentalismus und der herrschenden Klasse Pakistans aufzeigen. Wir müssen daran festhalten, dass ein wirklich antiimperialistischer Kampf ein Kampf gegen die herrschenden Klassen in Pakistan und Afghanistan sein muss."

Und über den Norden: "Wir denken außerdem, dass Kommunisten in Europa und Amerika die Öffentlichkeit gegen den Krieg mobilisieren müssen, auch wenn er unter der Maske des Kampfes gegen den Terrorismus geführt wird.(...) Wenn die Parteien in Europa oder den USA die ‘fortschrittliche Rolle (ihrer Regierungen) in Afghanistan’ akzeptieren, könnten sie sich der schlimmsten Art des Sozialchauvinismus schuldig machen. Es würde zeigen, dass sie nichts von der Nordallianz oder der Geschichte der imperialistischen Einmischung in Afghanistan verstanden haben."

Sowohl in Afghanistan wie auch in Pakistan, so die Stellungnahme weiter, gebe es trotz Unterdrückung weiter eine kommunistische Bewegung. In Afghanistan seien das die maoistische Afghanische Volksbefreiungsorganisation und die Demokratische Volkspartei Chalq-Fraktion, deren Regierung von den Sowjets gestützt worden war. In Pakistan gebe es mehre antiimperialistische Organisationen. Die größten seien die Kommunistische Arbeiter- und Bauernpartei, die sich an Enver Hodscha (ehemaliger Vorsitzender der albanischen Kommunisten) orientierende Arbeiterfront, die maoistischen Nationale Studentenföderation, die trotzkistische Arbeiterpartei und die "volksdemokratische" (popular democratic) Shaheed Bhutto Gruppe innerhalb der Volkspartei. In anderen Ländern könnten fortschrittliche Kräfte ihnen am besten helfen, indem sie die Politik ihrer Regierung bekämpfen. "Sie würden den Kommunisten Pakistan und Afghanistan nicht helfen, in dem sie passiv zulassen, dass die imperialistische Intervention eine fundamentalistische Gruppe gegen eine andere stärkt." (wop)

Weitere Links: www.wapha.org

LinX-Startseite Inhaltsverzeichnis