Betrieb & Gewerkschaft

Babcock will mit HDW-U-Booten Oberwasser gewinnen

HDW-Uboot-Werbung

Die Oberhausener Babcock Borsig AG hat nur durch Sondereffekte wie den Verkauf von Nordex, einem Hersteller von Windkraftanlagen, eine positive Bilanz 2000/01 erstellen können. Der bei Babcock tonangebende Anteilseigner West-LB kaufte die Nordex-Aktien mit 140 Millionen Euro teuer auf. Ohne die erheblichen Buchgewinne für Nordex, kurz Ende des am 30. September abgelaufenen Geschäftsjahres, hätte der Konzern wohl einen Verlust ausweisen müssen. Die "Desinvestitionen" genannten Verkäufe trugen mit 222 Millionen Euro zum außerordentlichen Ergebnis bei. Nach Abzug außerordentlicher Belastungen, v.a. durch die Insolvenz der Moenus AG, verblieb immerhin noch ein positiver Sondereffekt von 129 Millionen Euro. Durch die Desinvestitionen konnte der Überschuss gar auf 26 (Vorjahr 21) Millionen Euro gesteigert werden.

Der Schiffbau (HDW-Gruppe) trug mit 20 (42) Mio. Euro und die Energietechnik mit minus 15 (plus 71) zum Vorsteuerergebnis bei. Insgesamt verbuchte Babcock ein Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit von minus 78 (plus 71) Mio. Euro. Der in Personalunion bei Babcock- und HDW-Vorstandschef Klaus Lederer betonte, die Zahlen für das operative Geschäft seien "nicht beeindruckend, aber erklärbar" und verwies zugleich auf die prall gefüllten Auftragsbücher. Der Auftragsbestand – in den verbliebenen Geschäftsfeldern – habe sich verdreifacht und erreiche mittlerweile 11,3 (10,4) Milliarden Euro. Für das jetzige Geschäftsjahr wurden weitere Unternehmensverkäufe angekündigt. Mangelnde nennenswerte Abrechnungen in der Energietechnik und im Schiffbau sollen im laufenden Geschäftsjahr operativ allenfalls "eine schwarze Null" erbringen. Wie im abgelaufenen Jahr, kann hier kreative Buchführung vermutet werden.

Kreativ wird der Umbau des von der West-LB geführten Babcock-Konzerns weiter forciert. Zunehmend mit der Fokussierung auf eindeutig destruktive Produkte aus dem Norden der Republik: Kriegsschiffe! Das, noch Mitte der 90-iger Jahre mit dreistelligen Millionenverlusten am Rande der Insolvenz schlingernde Industriekonglomerat, wurde mittlerweile auf die Kerngeschäftsfelder Energietechnik und Schiffbau zurück- und umgebaut. HDW war von der vormals ähnlich strukturierten, ebenfalls von der West-LB geführten, Preussag AG – heute unter dem Namen TUI ein reiner Touristik- und Logistik Konzern – Ende der 90-iger zur Babcock verschoben worden. Die West-LB übertrug der Babcock die Liquidierung ehemaliger Preussag Industrieunternehmen wie Noell und RWT. HDW wurde im Rahmen dieses Deals, Zwecks finanzieller Konsolidierung, als Gewinnbringer bei Babcock eingebracht. HDW gilt "Bank mit angeschlossenem Schiffbaubetrieb" – durch die Zinsgewinne über das Geschäft mit dem Bau von Kriegsschiffen (vgl. LinX Ausgaben 2001)

"Lederer sieht sich für den Energie-Anlagenbau daher nach Partner um und will sich notfalls mit einer Position als Minderheitenaktionär begnügen. Andererseits will er bei der Werfttochter HDW den Babcock-Anteil auf 100 Prozent aufstocken"(SZ). "Eine Aufstockung bei HDW scheint nur möglich, wenn es gelingt, in Kraftwerks- und Umwelttechnik gebundene Mittel freizusetzen"(FAZ) Dass Babcock kein flüssiges Geld hat, schreien nicht nur an der Küste die Möven in die Brandung.

Im Energieanlagenbau wie im Handelsschiffbau müssen Unternehmen über längere Zeit noch nicht bezahlte Vorleistungen erbringen. Richtig Cash gibt es erst nach Abnahme oder Ablieferung. Im Militärschiffbau werden dagegen schon nach Vertragsabschluss und während der Abarbeitung dicke Tranchen fällig. Bekanntlich sind die Aufträge staatlich finanziert und in der Regel durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau abgesichert. Was will der Kapitalist mehr? Einer "Blutspur" der Kapital und Kapitalist folgen. Zumal in zunehmend kriegerischen Zeiten!

Der Auftragsbestand bei HDW ist im letzten Geschäftsjahr auf 5,2 Mrd. (4,7) Euro gestiegen. Nach der Februar-Ablieferung des letzten von sechs Superfast-Fähren liegt bei HDW nur noch ein Nicht-Militärschiff im Dock: Eine Mega-Yacht in der Größe eines kleinen Kreuzfahrtschiffs. Weiter befinden sich in Kiel im "Überwasserschiffbau" drei Fregatten im Bau. In Karlskrona (Schweden) wird ein von sechs auf fünf reduziertes Korvettenprogramm für die schwedische Marine abgearbeitet. Mit 19 U-Booten, die nicht alle komplett in Kiel gebaut werden, ist HDW im "Unterwasserschiffbau" in Teilbereichen bis 2008 ausgelastet. Als fest gelten weitere Aufträge für Portugal und zusätzliche für Griechenland. Eine Verdoppelung des Auftragsbestands für U-Boote wird erwartet. Prof. Dr. K. Lederer hat ab 2002/03 öffentlich 10 Prozent Rendite verkündet.

Blut gerochen hat ein auf Aufkäufe an der Börse anhaltend unterbewerteter Unternehmen, deren Zerlegung und dem Weiterverkauf nach Kursanstieg spezialisierter Investor aus den USA. Der "Raider" Guy Wyser Pratte erwarb Anfang des Jahres gerade meldepflichtige (!) 5,01 Prozent an Babcock. Die Börse grüßte mit einem "Kursfeuerwerk"der Keller-Aktie, die einige Tage als Blue Chip gehandelt wurde. Neben den drei Großaktionären des Babcock-Konzerns – TUI(ehem. Preussag) (19,7 Prozent), Crédit Agricole Lazard Product Bank und West LB (je 8,5 Prozent) – steht nun Wyser-Pratte & Co.

Bei der Rheinmetall – Produzent von bodengängigem Kriegsgerät – beendete Wyser-Pratte kürzlich sein 7 Prozent Engagement nach einem Jahr, ohne die Konzernstruktur beeinflussen zu können. Bewegt wurde bei Rheinmetall nur der Aktienkurs. Wyser-Pratte schloss sein zwölfmonatiges Gastspiel angeblich mit 135 Prozent Gewinn auf das eingesetzte Kapital ab.

Doch bei Babcock ist – im Gegensatz zu Rheinmetall, wo die Familie Röchling als Mehrheitsaktionär national dominiert – die Großaktionärsstruktur labil: TUI will seine Anteile eher weiter abbauen! Nicht nur die Strategie des Londoner Neuaktionärs Crédit Agricole Lazard, der seine Anteile von TUI erwarb, ist undurchsichtig! 58,29 Prozent der Aktien befinden sich in Streubesitz! Die immer wieder geänderte Babcock-Strategie gepaart mit Cash Flow Problemen – so mussten Ende des letzten Jahres, die vereinbarungsgemäß von Saab/Celsius an Babcock übertragenen HDW Anteile (25 Prozent plus 1 Aktie), vorerst bei der Bank BayAG (Bayern) und sogar TUI (!) geparkt werden – lassen weiterhin Übernahmegerüchten freies Spiel. Dies und der eindeutig steigende Boom bei maritimen Kriegsgerät für die "Out of area"-Einsätze , könnte den "Raider" Wyser-Pratte und nachfolgenden Interessenten zu länger anhaltendem und aggressiverem Engagement motivieren!

Wieweit sich dem "Nationale Interessen" in Form von eurodeutschen Gesamtkapitalinteressen entgegenstellen, wird sich zeigen. Ob erst ein deutscher oder vorher ein europäischer Werftenkonzern gebildet wird, ist noch nicht absehbar. Babcock tanzt zur Zeit mehr auf europäischen Hochzeiten. Transatlantische Einladungen wurden gelegentlich kolportiert.

Der im Marktsegment für Unternehmen mit mittlerer Marktkapitalisierung gelistete Oberhausener Konzern, der vor fünf Jahren noch knapp am Konkurs vorbeirutschte, strebt vorerst einen höheren Listenplatz an: Mit der – auf dem Weltmarkt konkurrenzlosen – neuen HDW U-Bootsgeneration will Babcock weiter Oberwasser gewinnen. (W. Jard)

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