KERNspalte

Erstmal eine Richtigstellung: In der letzten Kernspalte schrieb ich, dass Italien selbst über einige Kernkraftwerke verfügt. Dabei ging ich einfach davon aus, dass diese auch in Betrieb sind. In Wirklichkeit sind alle vier italienischen AKWs schon seit Jahren stillgelegt! Es wurden immer wieder Pläne zum Neubau eines Reaktors ins Gespräch gebracht, aber nie umgesetzt.

Also wäre Italiens Position zu Cernavoda durchaus vergleichbar mit der Österreichs zu Temelin. Dort drohten sich die Fronten zu verhärten. Jörg Haider sei "ein politisches Tschernobyl in Österreich" und ein "Post-Faschist", hatte Tschechiens Ministerpräsident Zeman festgestellt. Die FPÖ hatte 915.000 Stimmen in ihrem Volksbegehren "Veto gegen Temelin" gesammelt, für die es verschiedene Motivationen geben konnte: Ressentiments gegen die Osterweiterung der EU oder die späte Rache für die tschechische Unterstützung der Sanktionen gegen Österreich bei Regierungseintritt der Rechtsextremisten vor zwei Jahren gehörten genauso dazu wie die Angst vor dem Versagen der Technik.

Aber auch an dieser breitesten völkischen Anti-AKW-Bewegung ist Österreichs Regierungskoalition letztlich nicht zerbrochen. Tschechien kann weitermachen wie gehabt, ohne ein Veto gegen seinen EU-Beitritt befürchten zu müssen. Und es macht weiter wie gehabt. Nach der Schnellabschaltung am 11.1. wurde Temelin am 12. Januar wieder hochgefahren. Erneute Abschaltung am 14.1. ("Probleme im nicht-nuklearen Bereich"), Wiederanfahren am 15.1. auf 48%, nach zwei weiteren Fehlversuchen dann seit 18.1. volle Leistung.

Danach: in Tschechien Nachrichtenflaute, dafür in der Ukraine zwei Reaktor-Zwischenfälle und 8 Mio. Euro von Trittin für den Sarkophag des Unglücksreaktors in Tschernobyl sowie eine Zusage von insgesamt 770 Mio. Dollar einer Geberkonferenz, von denen Deutschland über 50 Mio. tragen will, obwohl nach Meinung von Experten von den bisher geflossenen Millionen am Sarkophag höchstens Rudimente angekommen sind - dort wird praktisch nie gearbeitet und selten untersucht. Es seien Vorbereitungen für die neue Schutzhülle getroffen worden, teilte das deutsche Umweltministerium mit. Wahrscheinlich am Schreibtisch, denn gesehen hat die Vorbereitungen niemand.

Jochen Stay, Ex-Sprecher von "X-1000-mal-quer", ist nun Pressesprecher von Robin Wood in Hamburg, aber weder von dieser noch von anderer Seite gab es Aktivitäten gegen einen Castortransport von Brunsbüttel und Mülheim-Kärlich nach La Hague am 23. Januar. Weitere Transporte von Stade und Unterweser nach Sellafield sind genehmigt worden. Und weil das gerade so reibungslos läuft, brachte Baden-Württembergs Umweltminister Ulrich Müller (genau, der mit dem Kühlwasser-Skandal!) die Eignung des Gorlebener Salzstocks als Endlager erneut ins Gespräch. Das Moratorium sei "überflüssig", ein anderer Standort und besonders Baden-Württemberg käme überhaupt nicht in Frage. Der nächste Transport nach Gorleben soll dennoch nicht vor der Bundestagswahl stattfinden. (BG)

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