Kommentar

"Kreidezeit"

Die K-Frage wurde im Magdeburger "Herrenhaus" entschieden, zu Lasten einer Dame. Nachdem die – allseits bekannten – führenden West-Herren den CDU-Karren im Schmiergeld-Sumpf festgefahren hatten, durfte die Ost-Frau Angela Merkel den arg lädierten Karren aus dem Dreck ziehen bzw. dies organisieren. Nun zeigt der (Wahl-) Zeiger wieder nach oben und mit Edmund Stoiber darf ein CSU-Mann die frisch frisierte CDU/CSU-Karre in den Wahlkampf lenken.

Dass Frauen angeblich nicht der führende Regierungsposten zugetraut wird, ist eine diskutierte, aber überflüssige Frage: England und deren ehemaliger Kolonie Pakistan haben längere Zeit Damen als Regierungschefin vorgestanden. Den Spitzen-Job im geschäftsführenden Ausschuss des Kapitals, haben die beiden Ladys gut gemacht – sprich "ihren Mann gestanden".

Hoffnungen in den Reihen der anderen Bundestagsparteien gehen in Richtung "guter (Kristallisations-) Feind". Doch als Buhmann für "Halblinke", "Gefühlssozialisten" und "Moraldemokraten" kann der Mann aus Bayern nur eingeschränkt dienen. Einer Kampagne a la "Stoppt Strauß!" bietet der Mann zumindest keine Steilvorlagen. Über Bayern hinaus gilt Stoiber als Liquidator der Vetternwirtschaft ("Amigosystems"). Nach seinem Parteitags-Schlussruf "Saludos Amigos" gilt der an die Spitze Bayerns gerückte als knallharter und unbestechlicher Macht- und Arbeitsmann, der sich selbst an Recht und Gesetz hält.

Seine provinz-nationalistischen und rassistischen Töne und Ausfälle? Kapitalisten, Politikerkaste und (Wahl-) Volk haben verstanden. Er würde, wenn er dürfte und könnte. Doch vorerst wird – auch dies wohlkalkuliert – ruhiger angegangen. Wie ein ehemaliger niedersächsischer Ministerpräsident, der den Euro damals eine "kränkelnde Fehlgeburt" nannte, gehört auch Stoiber zum Lager, die den Euro früher an Stamm- und anderen Tischen "Kanakengeld" nannten.. Die beiden Herren Schröder und Stoiber mussten in der Frage Kreide fressen: Nicht weil das Volk es will. Das Kapital will es (den Euro) so! Die BZ schwenkte rechtzeitig vom "Teuro" zum "Alles in Euro"!

Die Kapitalistenverbände wollen auch mehr Zuwanderung, als dem – die Main-Linie in protestantische Stammesgebiete überschreitenden – Katholiken recht ist. Auch in der Frage wird Stoiber Kreide fressen und mehr von "Ausländern die uns nützen" als einer befürchteten "durchmischten, durchrasten Gesellschaft" sprechen.

Stoiber gibt sich sozial! Für ihn komme es nicht in Frage, an Kernbereichen der sozialen Sicherheit zu rütteln, sagte er der "Rheinischen Post". Er sei gegen amerikanisches Arbeitsrecht nach dem Motto "hire and fire", und will den Kündigungsschutz nicht weiter aufweichen.

Was will bzw. soll Stoiber dann? Schröder Dampf machen. Der steht bei den Kapitalisten noch in der Kreide. Die geben sich zwar zufrieden mit der Regierung, reklamieren aber weiteren "Reformbedarf". Für ein paar Spitzen in diese Richtung – und als Ersatz für oder Einsatz neben Schröder – ist Stoiber allemal gut. Er muss ja nicht überspitzen! Kreidezeit! (W. Jard)

LinX-Startseite Inhaltsverzeichnis