Schiffbau

Rätselraten um HDW:

Europas Aufrüstung gesichert

Großes Staunen über eine Meldung Anfang März: Ausgabe über Ausgabe berichtete die LinX darüber, wie rund um das Kieler Stammwerk HDW zum Zentrum der europäischen marinen Rüstung ausgebaut wird - fest in deutscher Hand, versteht sich - und plötzlich der Verkauf an einen US-amerikanischen Investmentfond? Dann die "Beruhigung" bei näherem Hinsehen: Europas Aufrüstung (u.a. natürlich gegen den Rivalen No.1) scheint gesichert.

Offensichtlich hat die graue Eminenz im Hintergrund, Friedel Neuber von der WestLB, der als Rau-Spezi und Aufsichtsratsvorsitzender der Babcock Borsig AG im Hintergrund die Strippen zieht, "eine sehr smarte Transaktion, einen echten Coup" eingefädelt, wie die Financial Times Deutschland einen Babcock-Borsig-Anteilseigner zitiert.

Im einzelnen: Babcock wird statt 50 Prozent plus einer Aktie nur noch eine Sperrminorität von 25 Prozent plus einer Aktie halten. Allerdings bleibt Neubers Mann Klaus Lederer der Vorstandsposten bei HDW, gibt jedoch den Chefposten bei Babcock Borsig auf. Auch ganz offiziell soll die "unternehmerische Führung" bei den Oberhausenern bleiben. Die von ihnen veräußerten Anteile gehen an die US-amerikanische Beteiligungsfirma One Equity Partners. Ebenso die knapp 50 Prozent, die die Preussag noch hielt. Damit ist unter anderem der Umbau des einstigen Schwerindustriekonzerns zum Touristikunternehmen weitgehend abgeschlossen. Architekt war auch in diesem Fall die WestLB, d.h. Friedel Neuber.

One Equity Partners wird damit zunächst knapp 75 Prozent der HDW-Gruppe besitzen, soll aber je 15 Prozent an ThyssenKrupp und den zu MAN gehörenden Stahlhändler Ferrostaal abgeben. Und auch auf die restlichen Aktien behält Babcock ein Vorkaufrecht: "Eine Übertragung von Marinetechnik-Know-how ist ebenso ausgeschlossen, wie der Weiterverkauf der verbleibenden Anteile durch One Equity Partners vor Ablauf von zwei Jahren."

Über den kompliziert erscheinenden Umweg rückt damit der bereits seit langem von der Bundesregierung geforderte Verbund der deutschen Kriegswerften näher. (ThyssenKrupp gehören Blohm&Voss sowie die Thyssennordseewerke.) Der Grund für die verschlungenen Pfade dürften die chronischen Liquiditätsprobleme bei Babcock gewesen sein. Ursprünglich hatte Babcock seinen Anteil an HDW auf 100 Prozent aufstocken wollen, konnte dafür aber offenbar nicht genug auf den Tisch legen. Unter 350 Millionen Euro habe man geboten, meint das manager-magazin.de, obwohl Fachleute doch geschätzt hätten, das Paket sei gut das Doppelte wert. Die Aktienmärkte haben Babcock die "smarte Transaktion" jedenfalls nicht gedankt. Um ca. 12 Prozent sackte der Kurs der Oberhausener nach Bekanntwerden des Deals ab. Auf der Jahresversammlung kurz nach Redaktionsschluss wird es wahrscheinlich hoch hergehen. Gewagt sei die Prognose, dass in zwei Jahren, wenn die restlichen 45 Prozent HDW-Aktien bei den Amerikanern zum Verkauf anstehen, sich ein potenter deutscher Finanzier finden wird, der Babcock aus der Patsche hilft. Vielleicht ja das Herzstück des deutschen Kapitalismus, die Deutsche Bank, die kürzlich in Oberhausen eingestiegen sein soll.

Kein Grund zum Grämen also für Ex-Mariner Norbert Gansel, der sich ein wenig Sorgen um "die Seele unserer Stadt" macht: Es müsse sichergestellt sein, so Gansel, "dass das bei HDW durch Leistungen der eigenen Belegschaft und erhebliche öffentliche Mittel gewachsene Marinetechnik-Know-how weiter dem eigenen Unternehmen und seinen Beschäftigen zugute kommt." Wäre ja schließlich noch schöner, wenn die Amis unsere U-Boote abkupfern könnten. Mit denen dürfen nur wir selbst und ausgewählte Diktatoren morden. Aber auch Gansel scheint die Financial Times zu lesen: "Mit den Aktien-Übertragungen, ...[löst] sich HDW aus dem Babcock-Konzern und verschafft sich zugleich ein größeres Eigengewicht auf dem Weg zu einem deutschen und europäischen Werftenverbund. Das ist wichtig für den Standort Kiel."

Übrigens: Auf dem EU-Gipfel in Barcelona wurde auch der Startschuss für "Galileo" gegeben, ein System von Satelliten, das der genauen Ortsbestimmung an jedem beliebigen Punkt der Erde dient. Sehr hilfreich in der zivilen wie militärischen Schiffahrt, und nicht zuletzt auch interessant für den automatischen Marschflugkörper und unbemannte Aufklärungsflugzeuge (Drohnen). Bisher verfügen nur die US-Amerikaner über ein derartiges System, aber nun wollen die Europäer gleichziehen. Die USA sollen bis zum Schluss versucht haben, den Beschluss zu verhindern. (wop)

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