Baustellen

Hörnruine:

Wunderbare Symmetrie

Langsam bekommen einige Kieler Ratsherren kalte Füße. Die Bauarbeiten an der Hörn ruhten bei Redaktionsschluss noch immer und eine Wiederaufnahme war nicht in Sicht. Drei Monate würde es nach einem Startschuss dauern, ließ sich einer der beteiligten Bauunternehmer vernehmen, bis weiter gebaut werden könne. Fristen für Neueinstellungen und Lieferungen würden die lange Anlaufzeit erklären.

Doch von einem Startschuss kann bisher nicht die Rede sein, weshalb die Opposition im Rat unruhig wird. Der Oberbürgermeister solle endlich informieren. Das Schlimmste, was der Stadt passieren könne, sei eine Bauruine an der Hörn, heißt es bei CDU und Grünen. SPD-Chef Raupach versuchte hingegen, sich schützend vor OB Gansel zu stellen und gab dabei eine sozialdemokratische Bankrotterklärung ab: Das Bauvorhaben liege außerhalb des städtischen Handlungsfeldes, diktierte er der KN in den Stift.

Der OB geht derweil wie das Wirtschaftsministerium auf Tauchstation. Über die laufenden Verhandlungen mit dem Investor und Mobilcomgründer Gerhard Schmid ist nichts zu erfahren. Der Büdelsdorfer Milliardär — wobei nicht mehr ganz klar ist, ob die Milliarden rot oder schwarz sind — hat seit Anfang März Schwierigkeiten mit Baufirmen, die ihm seinen Klotz an der Hörn hochziehen sollen. Die hinterlegten Sicherheiten Schmids würden nicht mehr die Aufträge decken, hieß es.

Ursache sind offenbar Probleme bei der Mobilcom, die sich wie so manches andere Telekom-Unternehmen mit den UMTS-Lizenzgebühren übernommen hat. Die Büdelsdorfer New-Economy-Klitsche ist zwar nicht selbst Investor an der Hörn, sondern nur ihr Chef Schmid als quasi-Privatperson, doch sorgt der Streit mit dem Mobilcom-Anteilseigner France Télécom (28,5 Prozent) dafür, dass dessen Privatschatulle ziemlich klamm ist.

Das französischen Unternehmen steckt selbst erheblich in der Bredouille. Von rund 50 Milliarden Euro Schulden ist die Rede. Kein Wunder, dass man in Paris die anstehenden Investitionen in den UMTS-Markt strecken möchte. Schmid beharrt jedoch darauf, dass Mobilcom bis 2003 1,4 Milliarden in das neue Geschäft steckt. Télécom habe sich vertraglich verpflichtet, den UMTS-Aufbau zu finanzieren, meint Schmid und droht, Teile der Kooperationsvereinbarung zu veröffentlichen.

Derweil bildet sich an der Hörn zwischen Bahnhof und Germaniahafen — welch scheußlicher Name — eine wunderbare Symmetrie heraus. Vielleicht lässt sich daraus ja eine Touristenattraktion machen, denn soviel arrogante städteplanerische Misswirtschaft auf engem Raum verdichtet lässt sich sonst selten finden. (wop)

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