Lokales

Flughafen Holtenau:

Widerstand und Pöstchenjäger

Rund 3500 bis 4000 Menschen demonstrierten am Samstag, den 23. März durch die Innenstadt gegen den Ausbau des Holtenauer Flughafens. Das waren noch ein paar Hundert mehr, als Anfang November. Seinerzeit waren rund 3000 gegen die Erweiterung der Start- und Landebahn auf die Straße gegangen, die sich Stadt und Land 80 bis 100 Millionen Euro kosten lassen wollen.

Die meisten Teilnehmer kamen offensichtlich aus den Umlandgemeinden und den Stadtteilen nördlich des Kanals, die am stärksten betroffen sein werden. Andernorts hat man offensichtlich noch immer nicht recht wahrgenommen, daß die meisten Einflugschneisen über dem Stadtgebiet liegen werden und somit durchaus auch zum Beispiel das Ostufer vom wachsenden Fluglärm betroffen sein würde.

Die Demonstration Ende März war nicht nur eine der größten, sondern auch der kreativsten, die Kiel seit langem gesehen hat. Fast unüberschaubar war die Zahl der Transparente. Auf vielen wurde der Zusammenhang zwischen der Verschwendung für das "Prestigeprojekt" und knappen Haushaltsmitteln hergestellt. "Bildung statt Fluglärm" hieß es zum Beispiel, oder "Mit Flughafen prahlen aber kürzen am Sozialen" und: "Altenpflege statt Prestige". Auf anderen Transparenten war zu lesen: "Klimaschutz durch Ausbau futsch", "Vernunft statt Arroganz" und "Haushaltssanierung statt neuer Schulden". Auch über den Gegner schien man sich im Klaren: "Politik ist für alle da, nicht nur für die IHK" und "60 Millionen Euro für Rohwer Denkmal". (Landeswirtschaftsminister Rohwer gehört zu den eifrigsten Befürwortern des Ausbaus.) Organisiert hatte die Demonstration die Bürgervereinigung gegen die Startbahnerweiterung Kiel-Holtenau e.V., in der sich ca. 1500 Menschen zusammengeschlossen haben. Die Reste der organisierten Kieler Linken glänzten durch Abwesenheit.

Am Donnerstag zuvor hatte sich wieder einmal die Ratsversammlung mit dem Thema Holtenau beschäftigt. Der Ortsbeirat Holtenau hatte folgenden Antrag eingebracht: "Die Ratsversammlung sieht zunächst von einem Beschluss zur Eröffnung eines Planfeststellungsverfahrens für einen Ausbau des Verkehrslandeplatzes Kiel-Holtenau ab und wird in diesem Zusammenhang keine weiteren kostenträchtigen Gutachten in Auftrag geben oder veranlassen.

Die Ratsversammlung wartet die Ergebnisse des unter Beteiligung der Stadt Kiel laufenden Projektes ‘Integriertes Verkehrsmodell Schleswig-Holstein’ ab und wird diese in die weiteren Überlegungen einbeziehen." Hinter letzterem verbirgt sich u.a. die Überlegung, dass eventuell über den Ausbau und Verlängerung der AKN-Bahnstrecke Neumünster-Norderstedt eine schnelle Anbindung Kiels an den Flughafen Fuhlsbüttel geschaffen werden könnte. Der Antrag fand allerdings keine Gnade bei der Mehrheit aus SPD, SUK und CDU. Einzig die Grünen stimmten für den Vorschlag der Holtenauer, eine Denkpause einzulegen. Der Ortsbeirat hatte unter anderem darauf hingewiesen, dass schon jetzt jährlich 400.000 Euro von der Stadt zu den Betriebskosten des Flughafens beigetragen werden. Lutz Oschmann, Fraktionssprecher der Grünen schätzt den Anteil, den die Stadt für den Ausbau würde aufbringen müssen, auf 17,8 Millionen Euro. Oschmann wies in der Diskussion erneut daraufhin, das zwei Gutachten zu dem Schluss kommen, dass nach einer Erweiterung den Anbietern von Pauschalreisen die Nutzung des Flughafens nicht verwehrt werden könne.

Auch das Landeskabinett zeigte sich unbeeindruckt von den Protesten der Anwohner. Mit den Stimmen der Grünen Minister beschloss es am Dienstag, den 26. März den Ausbau. Während der Grüne Fraktionschef im Landeshaus damit die Koalition belastet sieht, ist Nachwuchspolitiker und grüner Landessprecher im Schönreden gewandter: Der Beschluss sei "keine bittere Niederlage" (schließlich hat man schon ganz andere Kröten geschluckt). Die Alternative wäre der Bruch der Koalition gewesen, was ja nun wirklich angesichts all der schönen Pöstchen ein bisschen viel verlangt ist. Wie dem auch sei, der Regierungsbeschluss ist noch nicht das letzte Wort. Unter anderem wird auch die Ratsversammlung noch entscheiden müssen. Man darf gespannt sein, wie man sich im Rathaus, wenn es ernst wird, die Finanzierung vorstellt. (wop)

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