Betrieb & Gewerkschaft

Urteile gegen IGM-Vertrauensleute

WIR haben verloren

Das Landesarbeitsgericht Kiel hat zwei Urteile gegen aktive Vertrauensleute der IG Metall, denen von der Fa. Danfoss gekündigt worden war, gefällt.

Im März wurde die fristlose Kündigung von Peter Jacobsen für unwirksam erklärt, gleichzeitig die fristgerechte Kündigung bestätigt und keine Revision vor dem Bundesarbeitsgericht zugelassen. Jacobsen war aufgrund eines Dialogbeitrags im IGM-Netzwerk Bezirk Küste gekündigt worden. (Vgl. LinX 25/01) Der neugekürte Präsident des LAG Ostrowicz sieht in schuldhafter Weise eine schwerwiegende Störung des Betriebsfriedens verursacht, die eine Weiterbeschäftigung ausschließe: ... "Dieses schuldhafte Verhalten ist auch nicht durch das vorsätzliche Handeln Dritter, die seinen Dialogbeitrag vom 15.12.2000 im Betrieb ausgehängt haben, ausgeschlossen. Der Kläger musste nämlich aufgrund der innerbetrieblichen Auseinandersetzungen, auch zwischen IG Metall Mitgliedern, damit rechnen. Er durfte nicht darauf vertrauen, dass seine im Intranet der IG Metall gestellten Äußerungen nicht in den Betrieb hineingetragen würden... Entscheidend ist aber, dass der Kläger im Hinblick auf seine Auseinandersetzung mit anderen IG Metall Mitgliedern, die dem Betriebsrat angehören, damit rechnen musste, dass die Äußerungen in den Betrieb hineingetragen werden. Auch die hatten jederzeit die Möglichkeit, den Zugang auf den passwortgeschützten Teil des Netzwerkes zu erhalten." ...

Nun ist Insidern nicht unbekannt, dass ein gewisser Teil der Betriebsräte in deutschen Landen mit zu den informellen Mitarbeitern der Geschäftsleitungen zählen. Der erst kürzlich – angeblich nicht mit den Stimmen des DGB – ins Präsidentenamt gewählte Richter Ostrowicz, hat mit dem politischen Urteil betrieblichen Denunzianten und den Personalabteilungen einen juristischen Freibrief, insbesondere zur Verfolgung gewerkschaftlich und politisch aktiver Mitarbeiter, geliefert. Dass die IG Metall gegen das Urteil Nichtzulassungsbeschwerde beim BAG einlegen will und angeblich plant – wegen des Grundrechts auf Meinungsfreiheit und gewerkschaftliche Betätigungsfreiheit – das Bundesverfassungsgericht anzurufen, wurde aus Flensburg berichtet, aus der Bezirksleitung in Hamburg bisher aber nicht öffentlich bestätigt.

Bestätigt wurden dagegen vom LAG Kiel im April die ersten beiden (von vier!) Kündigungen gegen den Vertrauensmann der IG Metall und – wie Jacobsen – Mitglied der VK-Leitung der IGM bei Danfoss, Uwe Krull, der zum Zeitpunkt der ersten Kündigungen auch Betriebsratsmitglied war. Die beiden Kündigungen waren erstinstanzlich zurückgewiesen worden. "WIR haben verloren!" So soll ein kurzer Dialogbeitrag im, von Domestiken der Danfoss AG infiltrierten, Intranet der IGM-Küste nach dem Urteil gegen Krull gelautet haben. Ein Satz der Bände spricht!

Die Gründe für die Kündigung der beiden Gewerkschafter durch die Fa. Danfoss, und im Nachgang weiterer VKL-Mitglieder, resultiert aus einer betrieblichen, innergewerkschaftlichen Auseinandersetzung über den Weg der Beschäftigungssicherung bei Danfoss. Eine Mehrheit im Betriebsrat hat hierbei einen offensichtlich unternehmenshörigen Kurs eingeschlagen, der weit über das sonst gewohnt sozialpartnerschaftlichen in der Republik hinausgeht. (Vgl. LinX 26/01) Dem Vernehmen nach sollen die Gefeuerten, in Absprache mit der IGM Flensburg und Küste, konsequent gewerkschaftliche Positionen vertreten haben . Die IGM hat den gekündigten Gewerkschaftern zwar juristische und materielle Unterstützung gewährt, eine politische Unterstützung aus anderen Betrieben und in der Öffentlichkeit jedoch nicht initiiert und organisiert. In der Mitgliederzeitung "metall" wurde erst um die Jahreswende küsten- und bundesweit oberflächlich berichtet. Die vereinzelten Solidaritätsangebote wurden von der IGM nicht aufgegriffen!

Die führenden unternehmenshörigen Betriebsratsmitglieder bei Danfoss sind zwar mittlerweile aus der IGM ausgetreten, vorherige Ausschlussanträge gegen diese und nachfolgende gegen weitere sind bis heute von der Ortsverwaltung Flensburg nicht beantragt worden. (Gegen offensichtlich linke Gewerkschafter wurden und werden ggf. formell nichtigere Gründe für Gewerkschaftsausschlüsse aufgegriffen!) Ein Antrag auf Amtsenthebungsverfahren gegen den Betriebsrat war vor Gericht erfolglos und wird nicht weiterbetrieben, da die Amtszeit zum April-Mai 2002 abläuft!

Bei der anstehenden Betriebsratswahl werden die Beschäftigten bei Danfoss voraussichtlich die bisherigen Betriebsräte wieder wählen. Mangels sich, unter den gegebenen Bedingungen, nur schwer formierender und hervorwagender Alternativen werden sie notgedrungen das "kleinere Übel" wählen. Ohne oder mit einem gänzlich unerfahrenen Betriebsrat der Geschäftsleitung gegenüberzustehen, wird nicht als gangbarer Weg gesehen. Anfang des Jahres hatte der Betriebsrat eine selbstgestellte Vertrauensfrage, wenn auch bei geringer Wahlbeteiligung, knapp gewonnen!

"WIR haben verloren." Die meisten Funktionäre der Leitungsebenen der IG Metall werden dies nicht so sehen, falls sie hier überhaupt etwas sehen. Soweit den betrieblichen Funktionären (Vertrauensleuten) und den Mitgliedern der IGM die Auseinandersetzung bei Danfoss überhaupt nahegebracht wurde, werden diese hieraus den Schluss ziehen, sich nicht allzu weit hervorzuwagen. Kumpanei mit den Geschäftsleitungen und deren Domestiken geht, auch aus den Reihen der Gewerkschaftsfunktionäre und Betriebsräte, vor Solidarität mit gewerkschaftlich konsequenten Aktivisten aus den eigenen Reihen. "Allein machen die dich ein!" Personen und Organisationen, die Willens und in der Lage sind, politische Solidarität zu organisieren, sind dünn gestreut. Die vielbeschworene Zivilcourage erschöpft sich heutzutage meist im Tanz um Runde Tische, Kerzenhalten oder (anonymen) militanten Aktionen nach Feierabend, weit abseits von Arbeits- und Alltagszusammenhängen! So werden WIR nicht gewinnen! (W. Jard)

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