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Der Krieg geht weiter

Als die Bewohner Bethlehems nach den langen Wochen, in denen israelische Soldaten auf alles geschossen hatten, das sich bewegte, aus ihren Häusern hervorkamen, entdeckten sie, dass sich die Landschaft verändert hatte. Während sie in ihren Häusern gefangen waren, hatte die Armee Tag und Nacht gearbeitet, um sie von der Welt durch einen zwei Meter tiefen Graben und einen mörderischen Drahtzaun zu trennen, mit Stacheln so scharf wie Rasierklingen, die jeden, der sich in ihnen verfängt, verbluten lassen können. Die Stadt und ihre Vororte (Bet-Jala, Aida und andere Flüchtlingslager) waren zu einem Gefängnis geworden. ... Bethlehem ist ein Vorort Jerusalems. Hundert Fäden verbinden ihn mit der Stadt. All diese Fäden sind nun zerschnitten. Jerusalem ist Bethlehem ferner als die Rückseite des Mondes.

Diese Art von Zaun wird derzeit in vielen Orten im ganzen Land errichtet. Sie schneiden die palästinensischen Enklaven nicht nur von Israel ab, sondern auch von einander. Die für israelische Ohren so wohl klingende Parole heißt "Separation". ...Palästinänsern wird verboten, nach Israel zu kommen, aber Siedler und Soldaten bewegen sich ungehindert in Palästina.Unterdessen wird Sharons Krieg gegen das palästinänsische Volk ungebremst fortgesetzt. Die Zäune sind nur eine Operation, eine andere ist der Siedlungsbau, der unvermindert weiter geht. Alte Siedlungen expandieren, neue werden eröffnet und überall in den besetzten Gebieten entstehen neue Umgehungsstraßen.

Die dritte Operation dieses Krieges trägt den glorreichen Titel "Reform". Scharon erklärt die Reform der palästinänsischen Selbstverwaltung zur Vorbedingung für die Wiederaufnahme des Friedensprozesses und präsentiert damit ein neues Instrument zur Verhinderung jeder Verhandlung. ... Sharon weiß, dass wenn es ihm gelänge, Arafat zu stürzen, für lange Jahre das Rückgrat des palästinänsischen Volkes gebrochen wäre; Jahre, in denen er die Aufgabe vollenden könnte, die Gebiete mit Siedlungen zu füllen und zu annektieren. Arafat ist ein starker Führer, der das palästinänsische Volk zusammenhält und von einem Bürgerkrieg abhält. Nur er ist in der Lage, mutige historische Entscheidungen zu fällen.

Uri Avneri, 18.5. (israelischer Friedensaktitivist)

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