Kommentar

Demarkationslinien

In Deutschland ist der Antisemitismus ein "Klassiker". Politisch sind zur Zeit Antisemitismusvorwürfe en vogue. Von "Bahamas" bis Berlin dienen diese mehr der Profilierung als der Aufklärung. Den meisten Bürgern der Republik wird unklar sein, warum Äußerungen wie von Karsli oder Möllemann als antisemitisch zu bewerten sind. Ein "lagerübergreifendes" Verständnis besteht dagegen querbeet gegen den Staat Israel und die Juden, die nach wie vor als Unfrieden stiftend gelten. Der latente Antisemitismus im Lande – der Kinder und Enkel der Organisatoren industriell organisierter Judenvernichtung – schafft große Sympathien mit den Palästinensern, die als Einwanderer (vornehm formuliert) eher scheel angeguckt würden. Wen heute von palästinensischen Gebieten aus permanent Selbstmordattentate – mit dem Vorsatz der Tötung möglichst vieler Zivilsten – auf israelischem Staatsgebiet verübt werden, sind in Deutschland zwischen rechts bis links alle Demarkationslinien aufgehoben: "Volksgemeinschaftliches" Verständnis für die Lage Palästinenser und den Reaktionen aus deren Reihen. Selbst von Leuten die sonst, gegen zivile Opfer billigend in Kauf nehmende Terroristen, für "kurzen Prozess" und "Rübe ab" plädierten.

Laute Aufschreie gibt es dagegen aus dem gesamten politischen Spektrum der BRD, wenn bei den Aktionen der israelischen Streitkräfte – auf von PLO/Hamas & Co. beherrschten Gebieten – auch Zivilisten getötet werden. Vergleiche mit den Nazifaschisten, die bekanntlich Völkervernichtung zum Programm erhoben hatten, werden gezogen. Die altbekannte Gleichsetzung der programmierten Massaker der SS und Wehrmacht mit Übergriffen aus Teilen der Roten Armee gegen Zivilisten. Bei ersteren war es bekanntlich Partei- und Staatsprogramm, bei letzteren eine üble und nicht zu verharmlosende Begleiterscheinung. Nach den Aktionen und sicherlich auch Übergriffen der israelischen Armee – in Dschenin und anderswo – fließen "antiimperialistische" Krokodilstränen in die verschlissenen Palästinensertücher. Gar Forderungen von links nach Untersuchungen durch – sonst eher geschmähte – internationale (Menschenrechts-) Organisationen werden gefordert. Eine andere Variante der Verdrehungen ist es, der israelischen Regierung eine Politik der Apartheid zu unterstellen.

Hier und heute soll nicht einer Identifikation mit (allen) Zielen und Methoden der israelischen Politik und Kriegsführung das Wort geredet werden. Der (laizistische Vielvölkerstaat) Israel wehrt sich gegen Terroraktionen aus den palästinensischen Gebieten, die von völkisch-religiösen Organisationen beherrscht werden. Der dort "regierende" Jassir Arafat lässt den Märtyrern quasi Staatsbegräbnisse gewähren. Die Palästinenser scheinen nur noch vom nationalpathologischen Hass gegen Israel und die Juden getrieben zu sein. Das ist die verfahrene Situation in Palästina. Mit wenig Aussicht auf einen – wie auch immer gearteten – Frieden. Auf Ausgleich (beispielsweise Verzicht auf Rückkehrrecht gegen Rückzug sowie Verzicht weiterer und Aufgabe von bestehenden Siedlungen) setzende und sich auf der jeweiligen Seite durchsetzende Kräfte sind nicht in Sicht. Hilft hier wirklich nur eine, die ehemals innerdeutsche und heutige innerkoreanische in den Schatten stellende (En- und Exklaven möglichst vermeidende) Demarkationslinie? Und wer bewacht diese? Eine grauenhafte Variante wäre eine Beteiligung deutscher UN-Truppen! Die beste Variante wäre sich jeweils im eigenen Staat durchsetzende palästinensische und israelische Streitkräfte!

W. Jard

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