Agrarindustrie

Warnungen vor Gentechnik in der Landwirtschaft

Nicht das Gelbe vom Ei

Offenbar sind ökologische Vorgänge doch etwas komplexer, als sich das Agro-Ingenieure so vorstellen. Bereits vor einigen Jahren ist man auf die Idee verfallen, ein weit verbreitetes natürliches Insektizid sozusagen genetisch in Nutzpflanzen einzubauen. Das Bodenbakterium Bacillus thuringiensis (Bt) ist für seine giftige Wirkung auf Insekten bekannt, von der seit langem Gebrauch gemacht wird. Gentechniker brachte das auf die Idee, das entsprechende Gen, das bei Bacillus thuringiensis für die Produktion des insektentötenden Giftes zuständig ist, dem Erbgut von Pflanzen zuzusetzen. Heraus kamen z.B. Bt-Mais oder auch Bt-Baumwolle, die besonders in China weit verbreitet ist und dort kürzlich für Aufregung sorgte. Kritiker hatten bereits vor Jahren darauf hingewiesen, dass der flächendeckende Einsatz des Bt-Gens dazu führen könnte, dass sich Resistenzen bilden, das heißt, dass sich Schadinsekten an das Gift anpassen, dem sie nunmehr dauernd ausgesetzt sind, statt wie bisher nur für kurze Zeit während der Ausbringung des Giftstoffes.

Diese Befürchtungen bekommen nun neue Nahrung, nachdem vier chinesische Forschungsanstalten in Zusammenarbeit mit Greenpeace eine Untersuchung der Auswirkungen des Anbaus von Bt-Baumwolle in der Volksrepublik vorlegten. Zwischen Amur und Hainan wurden im vergangenen Jahr auf rund 1,5 Millionen Hektar, d.h. 35 Prozent der Baumwollfläche, Gen-Pflanzen angebaut. Das Saatgut stammt vom US-amerikanischen Agrochemie-Konzern Monsanto. Gedacht ist die Bt-Baumwolle vor allem, um den Baumwollkapselwurm abzuwehren, der den Anbauern für gewöhnlich Kopfschmerzen und den Pflanzen Pestizideinsatz beschert. Damit sollte eigentlich Schluss sein. Allerdings kann davon im chinesischen Alltag nicht die Rede sein. Nach wie vor müssten Pestizide eingesetzt werden, meint Xue Dayuan vom Nankinger Institut für Umweltwissenschaften, dessen Studie LinX vorliegt.

Sowohl Feld- als auch Laboruntersuchungen haben gezeigt, so Xues Zusammenfassung, dass die parasitären Feinde des Baumwollkapselwurms in den Bt-Feldern abnehmen, und sich dessen Lebensbedingungen damit verbessern. Außerdem würden sich offensichtlich Resistenzen bei den Würmern herausbilden, und zwar im wachsenden Maße. Nach acht bis zehn Jahren konstanten Anbaus würden wahrscheinlich so große Populationen des Schädlings an die neuen Verhältnisse angepasst sein, dass die Pflanzen ihre künstliche Widerstandskraft gegen den Schädling vollkommen verloren hätten, schätzt Xue.

Nach Angaben der chinesischen Forscher werden auch die meisten anderen in den Baumwollfeldern lebenden Insektenarten durch die Gen-Pflanzen beeinträchtigt. "Nach fünf Jahren Anbau stehen die chinesischen Bauern und Wissenschaftler vor einem ernsthaften Problem. Sie sehen sich mit der Tatsache konfrontiert", meint Xue Dayuan, "dass zuwenig über die Wechselwirkungen genetisch veränderter Pflanzen mit der Umwelt bekannt ist." (wop)

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