Ländliches

Die SPD-Landtagsfraktion ist ganz wild darauf, noch mehr Autoverkehr ins Land zu holen. Deshalb, so deren verkehrspolitischer Sprecher, Bernd Schröder, brauchen wir eine feste Querung des Fehmarnbelts, d.h. ein Bauwerk aus Tunnel und/oder Brücke, wo heute Fähren recht komfortabel Rödbyhavn und Puttgarden verbinden. Mitte Juni ging das so genannte Interessensbekundungsverfahren für dieses Projekt zu ende. Schröder schwärmt vom Interesse der Privatwirtschaft und schwingt sich zu lyrischen Höhen auf: "Als Bestandteil des künftigen transeuropäischen Verkehrsnetzes und zur internationalen Erschließung des Wirtschaftsstandortes Schleswig-Holstein ist dieses Projekt eine große Chance für unser Land. Diese sollten wir durch Finanzierungsfragen nicht schlecht reden." Eben das kann sich der grüne Koalitionsjunior nicht verkneifen: "Ich stelle fest, dass das Interessenbekundungsverfahren ergeben hat, dass ohne eine staatliche Beteiligung und die Übernahme von Bürgschaften durch den Staat die feste Fehmarnbeltquerung nicht finanzierbar ist", meint Fraktionssprecher Karl-Martin Hentschel. So unterschiedlich kann die Wahrnehmung sein. Nicht alles ist dieser Tage so trüb für die von Korruptionsausschüssen geplagte Ministerpräsidentin. Die EU-Osterweiterung bringt sie ein Stück ihrem Traum näher, die Ostsee zum deutschen Meer zu machen. Und das geht so: Die russischen Bürger des Oblast Kaliningrad haben demnächst ein ernsthaftes Problem, sich in ihrem Land zu bewegen, da es seit dem Zerfall der Sowjetunion zur Enklave geworden ist. Nun wird ihnen die EU demnächst erhebliche Visaprobleme auf den Transitwegen durch Litauen und Polen bereiten, die beide in Brüssel an die Tür geklopft haben. Und nun kommt Heidi, respektive ihr Rolf Fischer ("Europaexperte" der SPD-Landtagsfraktion): "Wir brauchen eine konsularische Präsenz in Kaliningrad", ließ Fischer uns dieser Tage wissen. Kaliningrad gerate in die Isolation, und die Deutschen könnten vielleicht ein bisschen bei den Visas helfen. "Vor diesem Hintergrund kommt der regionalen Kooperation zwischen Schleswig-Holstein und Kaliningrad ganz besondere Bedeutung zu." Und deshalb soll auch gleich die Landwirtschaft modernisiert und "zivilgesellschaftliche Strukturen" aufgebaut werden. So heißt Volksgruppenpolitik nämlich jetzt auf Neusprech. All diesen ollen Ostpreußen, die da schon seit Jahr und Tag rummachen, bringen wir das auch noch bei, wie man alte Politik modern verpackt. Manchmal sind sich Grüne und SPD im Landeshaus auch einig: "Die Regierungsfraktionen unterstützen die Landesregierung bei ihren beabsichtigten Kürzungen", die natürlich — leider, leider — "nicht ohne schmerzhaft Eingriffe möglich" sind. Aber: "Das Versprechen, bis 2005 jedes Jahr 200 neue Lehrerplanstellen zu schaffen, werden wir einhalten." GEW und Schülervertretungen werden da nur müde lächeln können, denn bisher kann davon nicht die Rede sein. Die Landesregierung hat übrigens ihr Ziel, bis 2008 die Nettoneuverschuldung auf Null zu bringen, aufgegeben. Die Konjunkturprognose ließe das nicht zu, meinen SPD und Grüne in ihrer gemeinsamen Stellungnahme. Statt dessen wird der Bund aufgefordert, die Einnahmen aus Mehrwert- und Einkommenssteuer zu Gunsten der Länder und Kommunen neu zu verteilen. (wop)

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