Migration

BAG-SHI gegen Einwanderungverhinderungsgesetz

Keine Verbesserungen

Vom 9. bis zum 12. Mai fand in Magdeburg, Sachsen-Anhalt, das überregionale Treffen der Bundesarbeitsgemeinschaft der Sozialhilfeinitiativen (BAG-SHI). Im Rahmen dieser Tagung befasste sich die BAG-SHI auch mit dem neuen Zuwanderungsgesetz und den Folgen dieses Gesetzes und beschloss nachfolgende Erklärung:

Dieses Gesetz ist ein menschenverachtender Beschluss, der die Grundrechte von Flüchtlingen und MigrantInnen weiter rigoros einschränkt. Unsere grundsätzliche Kritik bleibt weiterhin bestehen. Über das Schicksal so vieler Betroffener und die einwanderungspolitischen Perspektiven der BRD sind entgegen aller Beteuerungen der Rot-Grünen-Regierung keine Verbesserungen eingetreten. Das Gegenteil ist immer mehr der Fall, für Flüchtlinge wird sich die Situation drastisch verschlechtern.

Durch die Ereignisse des 11. September wurde die Diskussion um das Zuwanderungsgesetz genutzt, um unter dem "Deckmantel der Terrorismusbekämpfung" eine massive Aushöhlung der Grundrechte zu betreiben, insbesonders für Flüchtlinge und MigrantInnen. Einige Kritikpunkte zum neuen Zuwanderungsgesetz: Die vielfach kritisierte Residenzpflicht für Asylsuchende wird nicht abgeschafft, stattdessen sieht das Gesetz weitere aufenthaltsbeschränkende Regelungen vor. Der Aufenthaltsbereich mancher Flüchtlinge wird auch dadurch eingeschränkt, dass die einzeln Bundesländer "Ausreisepflichtige" in neuen Lagern, so gennanten "Ausreisezentren" unterbringen können. Gleichzeitig soll ein massiver Druck auf die Flüchtlinge ausgeübt werden, um die Ausreise von den Betroffenen mit allen Mitteln zu erzwingen. Die menschenunwürdige Praxis der Abschiebehaft bleibt weiterhin bestehen, sie wird unverändert durch das neue Gesetz weitergeführt. Durch die neuen Aufenthaltsbestimmungen bleibt weiterhin für Flüchtlinge und MigrantInnen eine Schutzlücke bestehen, denen eine erhebliche Gefahr insgesamt für ihr Leben und ihre Freiheit droht. Für den Großteil der Flüchtlinge existiert weiterhin das bestehende Arbeitsverbot. Der Status der Menschen, die lediglich eine Bescheinigung über die Aussetzung der Abschiebung erhalten, liegt auf niedrigstem Niveau. Es ist zu befürchten, dass sie künftig einem unbefristeten Arbeitsverbot unterliegen werden. Das neue Gesetz sieht für alle drei Jahre eine Überprüfung des Aufenthaltssstatus aller Flüchtlinge vor.

Das schließt auch Flüchtlinge und ihre Familien mit ein, die bereits einen gesicherten Status haben, wenn sich die Situation in ihrem Heimatland verändert haben soll und die ursprünglichen Gründe für ihre Flucht angeblich nicht mehr vorhanden sind. Weiterhin wird die UN-Kinderrechtskonvention zum Wohl des Kindes nicht umgesetzt. Zukünftig ist es möglich, dass vom Bundesinnenministerium angeordnete Entscheidungsstopps oder Aussetzung der Verfahren für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge ohne zeitliche Begrenzung ausgesetzt werden können. Dies ist inbesondere in Verfahren möglich, in denen eine positive Entscheidung der Gerichte zu erwarten ist. Eine unabhängige Verfahrensberatung, wie von Wohlfahrtsverbänden und Nicht-Regierungsorgansationen seit langem als notwendiger Bestandteil eines fairen Asylverfahrens gefordert, sieht auch das neue Zuwanderungsgesetz nicht vor. Die oben genannten Punkte sind nur einige wenige Teile des neuen Zuwanderungsgesetzes, die aber bereits verdeutlichen, dass eine weitere rigide Ausgrenzungspolitik gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen erfolgen wird und dadurch viele Asylsuchende zunehmend staatlicherseits in die Illegalität gedrängt werden.

Als Dachverband der Sozialhilfeinitiativen die in ihrer täglichen Arbeit auch zunehmend mit Flüchtlingen befasst sind und daher auch die Asylpraxis und seine Folgen kennen, lehnen wir das kürzliche beschlossene Zuwanderungsgesetz grundlegend ab.

Wir fordern die Abschaffung der Residenzpflicht, da sie Flüchtlinge kriminalisiert, obwohl sie ein im Grundgesetz verankertes Recht auf Bewegungsfreiheit wahrnehmen wollen. Abschaffung der Ausreisezentren und Sammellager für Flüchtlinge. Unabhängige Rechtsberatung im Asylverfahren. Bleiberecht für Flüchtlinge, die bereits einen gesicherten Aufenthaltstatus haben und für Menschen die in ihrer Heimat von Tod, Krieg, Folter, Vergewaltigung bedroht sind. Aufhebung des Arbeitsverbotes für Flüchtlinge und Recht auf dezentrale Unterbringung. Soziale und medizinische Mindeststandards für illegale MigrantInnen und Flüchtlinge. Weiterhin fordern wir, dass die Sprachkurse bei den unabhängigen Wohlfahrtsverbänden stattfinden und dass es nicht aufgrund der Aufteilung der Finanzierung durch Bund und Länder zu zwei nicht aufeinander bezogene Unterrichtsblöcke von je 300 Stunden kommt. Und vorgesehen ist erst im Rahmen einer Nachbereitung ein Unterricht zur gesellschaftlichen Integration, der dann nur 40 Stunden umfassen soll.

Die Herabsenkung des Zuzugalters von Kindern von 16 auf 12 Jahre bedeutet einen unmenschlichen Eingriff in die Familienstruktur, und zu bedenken ist hierbei, dass diese Gesetzesänderung derzeit nur 2400 Fälle betreffen würde. Wir fordern dagegen eine Festlegung des Zuzugalters auf 18 Jahre, denn nur dies entspricht dem Grundgesetz, gemäß dessen der Schutz der Familie zu gewährleisten ist. Ferner bleiben im neuen Zuwanderungsgesetz kinderspezifische Fluchtursachen wie Verlust der Eltern durch Krieg, Verschleppung, Vertreibung, Zwangsrekrutierungen als Kindersoldaten völlig unberücksichtigt, was fatale Folgen wie Abschiebungen für die Kinder zur Folge hat, die in sehr vielen Fällen mit dem Tod der Kinder enden. Daher ist eine unserer fundamentalen Forderungen die Berücksichtigung kinderspezifischer Fluchtursachen und Stopp aller Abschiebungen für Kinder. Ferner fordern wir für Frauen, die auf der Flucht vor Tod, Vergewaltigung, Krieg und Folter sind, eine Berücksichtigung frauen- und geschlechtspezifischer Gründe und einen Gleichheitsstatus für alle Flüchtlingsfrauen, der in neuen Zuwanderungsgesetz nicht vorgesehen ist, sowie die Berücksichtigung der Menschenwürde. Magdeburg, 12.05.2002

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