Internationales

Nahost-Konflikt:

Anschlag auf den Frieden

Die israelische Friedensorganisation Gush Shalom hat am Mittwoch vergangener Woche zwei Artikel aus der bürgerlichen israelischen Zeitung Yediot Aharonot verbreitet (in Englischer Übersetzung), in denen sich der Autor äußerst kritisch mit dem Anschlag israelischer Einheiten auf den Hamas-Führer Salim Shehadeh auseinandersetzt, bei dem dieser am Abend des 23. Juli getötet wurde. Mit ihm starben 14 Zivilisten, darunter mehrere Kinder und Kleinkinder. 150 Menschen wurden verletzt. Gush Shalom geht davon aus, daß der Autor, Alex Fishman, die Ansicht unzufriedener Kräfte im Establishment wiedergibt. Fishman berichtet von zweimonatigen Bemühungen der EU, die dem Militärschlag vorausgegangen waren, palästinensische Milizen zu einer Aufgabe der Selbstmordattentate zu bewegen. Am Montag, einen Tag vor der Aktion, war die israelische Regierung, so Fishman, offiziell von der EU davon in Kenntnis gesetzt worden, dass man Erfolg gehabt habe. Die Tanzim Miliz der Fatah hatte eine entsprechende Erklärung unterzeichnet, die am Mittwoch veröffentlicht werden sollte. Doch dazu kam es nicht mehr. Wir geben im folgenden Auszüge aus Fishmans Artikel sowie die Erklärung in voller Länge wieder. (wop)

Ein gerechtfertigtes Ziel, aber ein ungewöhnliches Timing

Ist es möglich, dass jemand in Israels politischem oder militärischem Apparat bewusst die Chance für einen Waffenstillstand sabotieren wollte? Gott bewahre. So etwas ist undenkbar in unserem Land. Aber wie ist es dann zu erklären, dass exakt eineinhalb Stunden, nachdem die Tanzim-Führer sich auf ihren Text geeinigt hatten, der zu einem einseitigen Waffenstillstand aufrufen sollte, Israel in einer derart tolpatschigen Art den Kopf des militärischen Flügels Hamas im Gaza-Streifen liquidierte und damit auch eine Chance -- so schwach sie auch gewesen sein mag -- die Region zu beruhigen? Nur ein Zufall? Oder sind wir in dem Konzept befangen, jeder palästinensischer Schritt kann doch bloß Lüge und Verschwörung sein?

Das Ziel war mehr als gerechtfertigt: Shehadeh war ein Erzterrorist, der schon vor Jahren hätte liquidiert werden müssen. Doch das Timing der Liquidation ist enorm ungewöhnlich und die tolpatschige Umsetzung sehr untypisch für den militärischen Geheimdienst und die Luftwaffe. Als wäre jemand in sehr großer Eile gewesen, die Operation in genau diesem Augenblick durchzuführen, was auch geschehe.

Shehadeh war ein Ziel, dessen "gezielte Tötung" bereits vor Monaten beschlossen worden war. Es waren erheblich Anstrengung unternommen worden, Informationen über ihn zu sammeln. Vor zwei Wochen hatte man herausgefunden, dass er in ein neues Haus gezogen war, das selbe, in dem er gestern liquidiert wurde. Bereits letzten Freitag hatte man Raketen gegen ihn in Stellung gebracht, aber der Angriff wurde abgeblasen, als bekannt wurde, dass sich eine Verwandte in seiner Nähe aufhielt. (...)

Der Autor führt weitere deutliche Hinweise darauf an, dass es sich um ein bewusste Sabotage gehandelt haben muss, lässt aber die Frage nach den Verantwortlichen offen.

Das Tanzim-Kommuniqué

Wir, die Vertreter von Tanzim und Fatah, im Namen unserer Genossen und unserer Organisationen in allen Städten und Dörfern der Westbanks und Gazas, erklären, dass wir von diesem Augenblick an alle Angriffe auf unschuldige, nicht an den Kämpfen beteiligte Männer, Frauen und Kinder beenden. Wir rufen alle palästinensischen politischen Organisationen und Bewegungen auf, solche Angriffe sofort zu beenden, und zwar ohne zu zögern und ohne Vorbedingung.

Unsererseits werden wir mit solchen Angriffen aufhören und mit anderen palästinensischen Organisationen Zusammenarbeiten, um ihre Unterstützung zu bekommen. Wir werden die Aktivitäten von Organisationen überwachen, um sicher zu gehen, dass keine entsprechenden Aktionen geplant oder ausgeführt werden, und wir werden an einem nationalen Dialog teilnehmen, um unser Volk zu überzeugen, dass dies der richtige Weg, den wir zu nehmen haben. Wir verschreiben uns dieser Politik voll und ganz (We undertake a permanent committment to this policy), und unsere Anstrengungen, sie zu verbreiten, werden entschlossen und unermüdlich sein. Unsere Revolution hat ein neues Prinzip angenommen. Wir werden unseren Kampf fortsetzen und unser Volk verteidigen. Wir werden uns jeder Aggression gegen unsere Städte und Familien widersetzen, werden uns der Enteignung unseres Landes und der Deportation unserer Menschen, der langsamen, zielgerichteten, mitleidlosen Zerstörung unser Gesellschaft und unser Hoffnung sowie der fortgesetzten Besetzung der West Bank durch die israelischen Armee widersetzen. Gegen all dies werden wir auch in Zukunft rebellieren.

Yediot Aharonot gibt für diesen Text als Quelle ungenannte "westeuropäische Kreise" an.

Weitere Informationen im Internet: www.gush-shalom.org

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