Anti-Atom

Strahlenbiologisches Gutachten zur Leukämie in der Elbmarsch:

Krümmel unschuldig

Am 29. Juli stellte Energiestaatssekretär Willy Voigt in Kiel ein strahlenbiologisches Gutachten vor, das sich mit der Leukämiehäufung um das AKW Krümmel befasst. In der ausführlichen Stellungnahme des MFE wird klar, dass es Dissonanzen zwischen dem Ministerium und dem Gutachter, Dr. Stevenson, gegeben hat. So konnten die wesentlichen Fragestellungen des Auftrags kaum vertiefend beantwortet werden, nämlich ob Strahlung aus dem AKW Krümmel oder der GKSS für die Häufung Akuter Lymphatischer Leukämie (ALL) verantwortlich sein kann, und ob aus strahlenbiologischer Sicht die Grenzwerte des Strahlenschutzkonzeptes überarbeitet werden müssten.

Trotz eines gegenteiligen Duktus in den "Schlussfolgerungen" des Hauptgutachters bestätige das Gutachten geradezu die Angemessenheit der bisher gültigen deutschen Grenzwerte für Strahlenbelastungen und beweise, dass weder Krümmel noch GKSS für die signifikante Häufung von ALL in der Elbmarsch verantwortlich sein könne, meint das Ministerium, denn für eine derartige Häufung hätte die emittierte Strahlung aus dem AKW viel höher sein müssen als die von der Umgebungsüberwachung jemals festgestellte.

Gutachter und MFE stimmten in der Annahme überein, dass ALL durch ionisierende Strahlung hervorgerufen werden könne. Völlig auseinander gingen aber die Einschätzungen, welche Radionuklide "für die Strahlenbelastung in der Umgebung von kerntechnischen Anlagen und an Menschen maßgebend" verantwortlich sein sollen. Während Dr. Stevenson als wichtigste Alpha-Strahler Cäsium-137, Iod-131, Strontium-90, Plutonium-239 nennt, schreibt das Energieministerium: "Aufgrund des ... Emissionsverhaltens der Anlage KKK sind völlig andere Radionuklide für die Strahlenbelastung des Menschen in der Umgebung von KKK verantwortlich, insbesondere nicht Plutoniumnuklide. ... Eines der Nuklide, das wesentlich zur Strahlenbelastung beiträgt, Kohlenstoff-14, wurde im Rahmen des Gutachtens nicht betrachtet." Daher trage das Gutachten keine neuen Erkenntnisse zur Entstehung, Ausbreitung, Aufnahme und Wirkung dieser Stoffe im menschlichen Körper bei. Die am Standort Krümmel gemessene Strahlendosis von "nur" 0,04 mSv pro Person und Jahr schließe KKK und GKSS jedoch als Verursacher des Leukämie-Clusters aus: "Auf der Basis der Beiträge des strahlenbiologischen Gutachtens hätte eine Strahlendosis in der Größenordnung deutlich über 50 mSv pro Person und Jahr vorgelegen haben müssen, um die beobachtete Anzahl der Leukämien hervorzurufen."

Nachdem man nun alle offensichtlichen Strahlenquellen als Ursache ausgeschlossen hatte, fabulierte Voigt über ein "komplexes Ursachenbündel". Das aber statistisch schon sehr auffällig gewesen sein muss, sonst scheidet es ja von vornherein aus, s.o. (BG)

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