Ländliches

Die SPD-Fraktion will ein so genanntes Tariftreuegesetz im Landtag einbringen. Im September wird voraussichtlich die erste Lesung sein. Dabei geht es darum, wie bereits wiederholt berichtet, bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bestimmte Mindeststandards in der Entlohnung und den Arbeitsbedingungen durchzusetzen. Die Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt und die Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di hatten sich dafür stark gemacht, vor allem auch auf der Bundesebene. Ein Vorstoß der Bundesregierung war jedoch im Bundesrat durchgefallen und dümpelt derzeit im Vermittlungsausschuss vor sich hin. Von verschiedenen Basisgliederungen und von linken Gewerkschaftern war der Entwurf der Bundesregierung allerdings als zu löchrig und mau zurückgewiesen worden. U.a. wurde im Entwurf nicht der Flächentarif zum Maßstab genommen.

"Arbeit muss sich wieder lohnen!", meint der Grüne Fraktionsvorsitzende, Karl-Martin Hentschel zur Vorstellung des Berichts der Hartz-Kommission. "Vieles von dem, was jetzt vorgeschlagen wird, ist von den Grünen schon lange gefordert worden." Immerhin ist Hentschel aufgefallen — was dieser Tage für Regierungspolitiker schon viel ist — dass auch die effektivste Vermittlung die über vier Millionen Arbeitslosen (nach offiziellen Statistiken) nicht in inexistente Stellen vermitteln kann: "Es müssen neue Stellen geschaffen werden." Zum Beispiel, indem die 325-Euro-Verträge durch neue 500-Euro-Verträge für Haushaltshilfen "ergänzt" werden, die weitgehend sozialabgabenfrei wären, (damit sich auch Landtagsabgeordnete künftig ganz legal eine Putzfrau aus Osteuropa oder Asien leisten können). Aber auch bei niedrigen Einkommen über 500 Euro schwebt dem Grünen eine Senkung der Sozialabgaben vor (eine so genannte Progressionszone), was sich für Geringverdiener verlockend anhören mag. Nur würde dies zugleich auch den Anteil, den Unternehmer in die Sozialkassen zahlen, senken und die schon jetzt enorm durch die Arbeitslosigkeit und Lohndrückerei gebeutelten Kassen weiter unter Druck setzen.

"Die Interessen der norddeutschen Länder müssen bei der Vorbereitung und Ausführung der Osterweiterung der Europäischen Union berücksichtigt werden", findet die europapolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, Ulrike Rodust. Ganz so dreist wie ihre Ministerpräsidentin, die vor Jahr und Tag forderte, aus der Ostsee ein deutsches Meer zu machen, wollte sie zwar nicht werden, aber doch daran erinnern, dass sich "durch die Öffnung der Grenzen und die anstehende Osterweiterung der EU .... der Standortvorteil für Norddeutschland deutlich verbessert" hat. In der Verteidigung dieser Position hat man in Schleswig-Holstein schließlich seit der Hansezeit Erfahrung. Zuletzt waren Vertreter der hiesigen NSDAP im Baltikum bei der Durchsetzung norddeutscher Interessen besonders erfolgreich, und die ewigen Diskussionen über die blutige Art und Weise, in der das geschah, lässt ja dank des rot-grünen bewaffneten Geschichtsrevisionismus auch endlich nach.

Etwas weiter ausgreifen bei der Verteidigung "deutscher Interessen" (die natürlich immer solche der Wirtschaft sind) wird man kurz nach Redaktionsschluss auf einer "Fachkonferenz Maritime Innovation" in Kiel, die am 29. und 30. August stattgefunden haben wird. Die Einlader, die Bundesministerien für Bildung und Forschung sowie für Wirtschaft und Technologie und das Landeswirtschaftsministerium, wollen damit "den hohen Stellenwert, den Forschung und Entwicklung im derzeitigen scharfen Wettbewerb auf dem Weltschiffbaumarkt haben", unterstreichen, meint der Verband für Schiffbau und Meerestechnik.

Derweil kommt die Kaputtprivatisierung der Bahn, die schon seit langem nicht mehr für "deutsche Interessen" benötigt wird, voran. Zirka 500 Kilometer Strecke wurden in den letzten Jahren bundesweit stillgelegt. Zuletzt stellte die Bahn die Interregios ein, wovon aufgrund der schon zuvor miserablen Versorgung in Schleswig-Holstein kaum jemand betroffen sein wird. Die Interregio-Strecke Flensburg-Hamburg wird indes weiterbetrieben werden, und zwar von der Norddeutschen Nahverkehrsgesellschaft, an die das Land den Auftrag vergeben hat. Mit der Aufsplittung von Schienennetz und Streckenbetreibern hat man ja schon in Großbritannien hervorragende Erfahrungen gemacht, gell? Deshalb wünscht sich der SSW wohl auch, dass der Betreiber künftig über Padborg hinaus nach Dänemark wird fahren können.

Falls jemand es vergessen haben könnte, wollte SPD-Fraktionschef Lothar Hay noch mal daran erinnern: "Mittelstandsförderung bleibt unser Ziel". Seine Fraktion wolle daher "eine Landtagsinitiative einbringen mit dem Ziel, versicherungsfremde Leistungen aus den Sozialkassen auszugliedern und sie aus dem Gesamthaushalt des Bundes zu finanzieren." Der ist zwar auch ziemlich pleite, aber dann wird halt der Gürtel etwas enger geschnallt.

Das Abzocken von Staatsknete ist längst keine autonome Domäne mehr, andere betreiben es nur auf höherem Niveau: Die Landtagssozis Ulrike Rodust und Rolf Fischer — seines Zeichens sonst eher ein FDP-Klon — fordern dazu auf, "mit kreativen Ideen das Grenzland (zu) fördern und EU-Mittel ab(zu)schöpfen." "Im Jahre 2006 werden die Strukturfondsmittel der Europäischen Union anders verteilt, und wir müssen damit rechnen, dass die Mittel für die 'alten' EU-Staaten erheblich gekürzt werden. Deshalb sind die Kommunen und Institutionen aufgefordert, die einmalige Chance zu nutzen, die kommenden dreieinhalb Jahre noch einmal aus dem Vollen zu schöpfen."

Während die Konservativen sich vor lauter Verrenkungen in ihren Jeins verheddern, was die Verschiebung der Steuerreform zu Gunsten der Hochwassergeschädigten (wir sind gespannt, wie die Mittel verteilt werden) angeht, haben SPD und Grüne Oberwasser: "Selbstverständlich wollen wir die Beträge, die durch die geplante Verschiebung der dritten Stufe der Steuerreform dem Land zusätzlich zur Verfügung stehen, für Hochwassergeschädigte und für Hochwasserschutzmaßnahmen ausgeben", so Monika Heinold von den Grünen und ihr sozialdemokratischer Landtagskollege Günter Neugebauer. (wop)

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