Ratssplitter

Wirklichen Unmut hatte OB Gansel mit seiner Weigerung ausgelöst, Mitarbeiter der Stadtverwaltung vor dem Sonderausschuss zur Untersuchung der Pröhl-Affäre mündlich aussagen zu lassen. Alle Fraktionen außer der SPD verlangten, einen entsprechenden Tagesordnungspunkt wegen Dringlichkeit nachträglich aufzunehmen. Es blieb eine erregte TO-Debatte, denn ohne die Anerkennung der Dringlichkeit durch die SPD-Fraktion blieb der Antrag draussen.

In einer gemeinsamen Ausschusssitzung von Finanz-, Wirtschafts- und Bauausschuss am 15.8. waren die Weichen für die Einleitung des Planfeststellungsverfahrens zum Ausbau des Flughafens Holtenau bereits gestellt worden, so dass die Aussprache und Abstimmung am 22.8. in der Ratsversammlung nur noch Formsache bzw. Inszenierung war. Gegen die Stimmen der Grünen und dreier SPD-Ratsmitglieder stimmte der Rat der Vorlage der Verwaltung mit den Änderungen der Ausschüsse zu. Danach sind die Vorgaben der Planfeststellung: Ausbau auf 1799 m plus 300 m Stopway, bautechnische Beschränkung auf Flugzeuge mit einem Abfluggewicht von 50 to, Verlegung der B503 statt eines (teureren) Tunnelbaus, Erwerb der umliegenden dem Bund gehörenden Flächen, und das trotz der zu erwartenden Kosten von fast 20 Mio. Euro. Wie Lutz Oschmann von Bündnis 90/Grüne aufdeckte, sind hier aber etliche Kosten noch gar nicht mit eingerechnet, wie z.B. die Verlegung des Hauptabwasserdükers nach Bülk und der Bau einer Lärmschutzhalle, die weitere 8,4 Mio. Euro kosten sollen. Erwartungsgemäß wurden die Einwände einiger weniger Flughafengegner auf der Tribüne, die die "Klimastadt Kiel" symbolisch zu Grabe trugen, und des Herrn Oschmann, der in einem eigenen Antrag verlangte, der Oberbürgermeister solle mit der Bundeswehr abklären, ob sie zu Einschränkungen der militärischen Nutzung ihres Schießplatzes Todendorf-Putlos überhaupt bereit sei, über den anfliegende Jets zwangsläufig geraten würden, zwar zur Kenntnis genommen, aber nicht erhört. Pasternak kommentierte die Entscheidung: "Schade um das schöne Geld, was hier in den Sand gesetzt wird."

Im Vergleich dazu wurde eine Hilfsaktion bescheidenen Ausmaßes mit viel Tamtam bekannt gegeben, nämlich die Entsendung von 17 Mitarbeitern des Abfallwirtschaftsbetriebes ABK mit Gerät in die Überflutungsregion bei Dresden. Die Ratsversammlung hatte auch Besuch auf Rollstühlen: Besorgte Schwerstbehinderte wollten wissen, wie die Zukunft des Not- und Fahrdienstes nach der schwierigen finanziellen Situation und der Selbstbeteilung von 3 EUR pro Fahrt aussehen soll, und ob die KVG die gleichberechtigte Mobilität der Behinderten in Zukunft sicherstellen will. Antwort: Ab 2004 zu 76%, so hoch soll dann nämlich der Anteil der behindertengerechten Busse sein. Weitergehen soll der Fahrdienst aber schon, ebenso wie die unter dem Dach der "Horizon Kiel gGmbH" vereinte Drogenberatung und -resozialisation (wobei letztere bisher zu kurz gekommen war), die im letzten Jahr durch katastrophale wirtschaftliche Fehlentscheidungen beinahe in die Insolvenz getrieben wurde. Mehrere Ratsmitglieder mahnten Erfolgskontrollen an, ohne die der Sinn der Einrichtung in keiner Weise gerechtfertigt werden könne.

Das gewohnte Kuriosum lieferte wieder SUK-Ratsherr Kottek, der per Antrag das Ordnungsamt verpflichten wollte, die Aufstellungsorte und -zeiten der städtischen Radarmessanlagen ("Ich rede von einer blitzenden Mülltonne!") im Vorhinein bekannt zu geben. Natürlich blieb seine Fraktion mit diesem Ansinnen allein. (BG)

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