auf & davon

"Algermissen ist weltoffen und tolerant" mit dieser Erklärung versucht die Gemeinde Algermissen in Niedersachsen die wiederholten Angriffe auf dort untergebrachte Flüchtlinge, die am Wochenende 31.8./1.9. ihren presseöffentlichen Höhepunkt fanden, als Randerscheinung abzutun. An dem Wochenende hatten am Rande eines Schützenfestes zwanzig Jugendliche vier Tamilen angepöbelt, bis zu ihrer Unterkunft verfolgt und geschlagen. Zwei Flüchtlinge wurden verletzt. Die Polizei nahm die Personalien der Flüchtlinge(!) auf und verschwand. Daraufhin kehrten die Täter zurück und zerschlugen die Scheiben der Unterkunft. Erneut wurde dabei ein Flüchtling verletzt. Das führte immerhin zu einer nächtlichen Bewachung der Unterkunft durch die Polizei, jedoch nicht zu der von den Flüchtlingen geforderten Notverlegung in eine andere Unterkunft. Am folgenden Sonntag vergrößerte sich der randalierende Mob auf 50 Personen, die mit Eisenstangen bewaffnet in die Unterkunft eindrangen. Erst diese Eskalation führte zu einer Verlegung der Flüchtlinge nach Hildesheim, allerdings nur für ein paar Tage. Wegen der öffentlichen Proteste intervenierte schließlich das Innenministerium und ordnete eine dauerhafte Verlegung aller 18 Flüchtlinge an. Die Gemeinde berief zur Wahrung ihres Rufes einen Runden Tisch ein. Flüchtlinge und Unterstützungsorganisationen mussten draußen bleiben. Herausgekommen ist eine Erklärung, in der die Übergriffe zwar verurteilt, aber als vereinzelte Verirrung abgetan werden. Kein Wort darüber, dass schon Monate vorher die Wände der Unterkunft mit Hakenkreuzen beschmiert und ein Bewohner mit einer Gaspistole bedroht wurde. Im Gegenteil wird in dem Text die dortige Unterbringung von ganzen 18(!) Flüchtlingen quasi als Zumutung erwähnt, die zwangsläufig zu Problemen führen muss. (Text unter ) Der Flüchtlingsrat Niedersachsen ruft für den 14.9. um 11.00 Uhr zu einer Demonstration vor Ort auf, um derartige Normalisierungsversuche zu durchbrechen ( ).

Insgesamt nehmen die Angriffe auf MigrantInnen wieder zu. Ebenfalls am 31.8. fanden in Brandenburg gleich zwei gewalttätige Übergriffe statt. Der Verein "Opferperspektive" verzeichnete allein im August in Brandenburg 9 Übergriffe. Und das sind nur die, die bekannt werden ( ).

Nachahmenswert: Ein Passagier hat durch einen Stehstreik eine Abschiebung verhindert. Vor dem Start der Maschine von Berlin nach Budapest wurde der Mann auf die geplante Abschiebung zweier Bosnier aufmerksam, als eine Beamtin den einen aufgrund einer einstweiligen Verfügung wieder aus dem Flugzeug holen musste. Daraufhin forderte der Passagier die Freilassung des zweiten Flüchtlings und weigerte sich, sich hinzusetzen. Der Flugkapitän verwies schließlich sowohl den Stehstreikenden als auch Polizei und Flüchtling des Flugzeuges, da die Sicherheit der Passagiere gefährdet sei, wenn sich der Mann nicht hinsetze. (aw)

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