Interview

Bundestagswahl:

"Kein Wahlkampf für die PDS"

Linke haben es diesmal besonders schwer, auf dem Wahlzettel einen Platz für ihr Kreuzchen zu finden. Die PDS gibt sich mit peinlichen Entschuldigungen bei Bush, Tolerierungsangeboten an die SPD und offenen Briefen ihrer grauen Eminenz Gysi an Lafontaine, in dem die Stärkung des militärischen Arms der EU gefordert wird, alle Mühe, uns zu verschrecken. In Kiel gibt es jedoch zumindest bei der Zweitstimme noch eine Alternative. Die DKP hat Bettina Jürgensen aufgestellt. Bettina ist Mitglied im Parteivorstand der DKP sowie deren Bezirkssprecherin in Schleswig-Holstein. Wir sprachen mit ihr über ihre Kandidatur und ihre Erwartungen an die PDS. (wop)

LinX: "Wenn Wahlen etwas ändern würden, wären sie verboten", hat mal einer gesungen, der jetzt SPD-Wahlkampf macht. Weshalb tritt eine Kommunistin dennoch an?

Bettina Jürgensen

Bettina Jürgensen (B.J.): Um aufzurütteln, um zu zeigen, dass es notwendig ist, gegen Missstände in diesem Staat anzukämpfen. Wenn wir den Staat verändern wollen, müssen wir der außerparlamentarischen Opposition mehr Gehör verschaffen und dazu kann man den Wahlkampf gut nutzen.

LinX: Inwiefern?

B.J.: Mir kommt es vor allem darauf an, die politische Arbeit, die ich sowieso mache, mit dem Wahlkampf zu verbinden. Ich arbeite sehr aktiv mit in der Antifa-Szene. Ich bin zum Beispiel eine der Sprecherinnen des Runden Tisch gegen Rassismus und Faschismus, der aus Kreisen der Gewerkschaften initiiert wurde, an dem sich allerdings auch andere beteiligen. Auch mit anderen Antifa-Initiativen, die nicht am Runden Tisch vertreten sind, gibt es eine enge Kooperation, und im Augenblick geht es ganz konkret darum, etwas gegen die NPD zu unternehmen, die in Kiel einen Kandidaten aufgestellt hat.

LinX: Du trittst gegen einen Direktkandidaten der PDS an. Weshalb diese Konkurrenz?

B.J.: Ich kandidiere für die DKP und nicht unbedingt gegen die PDS. Aber meine Erfahrung in Kiel ist — und das wird von vielen hier so gesehen —, dass die PDS lange nicht alle Fragen abdeckt und Forderungen unterstützt, die von Initiativen gestellt werden. Es gibt sicherlich auch Bereiche, in denen man kooperieren kann. Bei der Antifa-Arbeit oder auch in Sachen Friedenspolitik. Wobei das bei der PDS auf der Bundesebene einige weniger erfreuliche Tendenzen gibt. Sie ist zwar nach wie vor die einzige Partei im Bundestag, die sich eindeutig gegen Kriege ausspricht, läßt jedoch gleichzeitig immer so ein kleines Aber durchblicken. Zum Beispiel, dass man Bundeswehreinsätze im Ausland vielleicht unter bestimmten Bedingungen doch irgendwie befürworten könnte. Und das ist für uns natürlich ein Knackpunkt.

LinX: Trotzdem ruft ihr zur Wahl der PDS auf?

B.J.: Nicht ganz. Es gibt in dieser Frage unterschiedliche Meinungen bei uns. Wir rufen nicht zur Wahl der PDS-Landesliste auf, sondern überlassen es den Mitgliedern, wem sie ihre Zweitstimme geben. Allerdings haben wir keine eigene Landesliste aufgestellt, und daher tendiere ich selbst dahin, die PDS zu wählen. Aber wir machen keinen Wahlkampf für die PDS.

LinX: Die Bundespartei sieht das ein bisschen anders, oder?

B.J.: Nein. Auch vom Parteivorstand gibt es keinen Wahlaufruf. Hier und da gibt es eventuell örtliche Aufrufe, aber das wird von den entsprechenden Kreisverbänden entschieden. Es gibt allerdings eine Empfehlung, mit der Zweitstimme eine Partei zu wählen, die sich aktiv für Frieden und gegen die Kriegspolitik einsetzt.

LinX: Die DKP beurteilt also die Entwicklung der PDS zunehmend skeptisch?

B.J.: Ja. Deshalb gibt es keinen direkten Wahlaufruf für die PDS. Es gibt in der DKP auch Stimmen, die sagen, man muss bei der PDS schon genau hingucken. In der Frage Friedenspolitik unterstützen wir sie noch. Aber auch da zeigt die PDS, dass Änderungen von ihrer Seite aus möglich sind.

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