Globales

Nach dem Johannesburger Erdgipfel:

Was bleibt?

Der Zirkus ist aus, die Koffer gepackt, die Zelte werden abgebrochen. Knapp 60.000 Delegierte, Journalisten, Lobbyisten, Beobachter und Protestierer haben sich am Donnerstag auf den Weg nach hause gemacht. Die Frage ist, was bleibt, außer einem Haufen Treibhausgas, das für die langen Wege in die Luft geblasen wurde, und einem kurzfristigen Boom für die Geschäftsleute im Johannesburger Glitzerstadtteil Sandton? Wie schon so oft hat man sich höflich die dramatischen Appelle der kleinen Inselstaaten angehört, die in einer sich erwärmenden Welt um ihre nackte Existenz fürchten, hat man sich schildern lassen, wie die Wüsten vordringen, wie giftige langlebige Chemikalien bis in den letzten Winkel des Planeten vordringen und wie Menschen zu Millionen an verschmutztem Trinkwasser sterben. Der geübte Berliner, Pariser oder Londoner Diplomat setzt an solchen Stellen eine besorgte Miene auf, spendet mitunter lebhaften Applaus — und geht zur Tagesordnung über.

Und die heißt Freihandel: Weg mit Importbarrieren für die Erzeugnisse des Nordens, freie Absatzmärkte für (fast) jeden und freie Bahn für Direktinvestitionen deutscher, französischer oder britischer Konzerne. Die soll man nur machen lassen, dann wird alles gut. Schließlich kann man ja schon in Ostdeutschland, in Lothringen oder in Nordengland begutachten, wie das freie Spiel der Kräfte Wohlstand, Umweltschutz und allgemeines Gedeihen für jedermann bringt.

Neoliberalismus nennt man diese zynische Weltsicht, die sich auch auf den internationalen Verhandlungen breit gemacht hat. Mit Müh und Not konnte in Johannesburg gerade noch verhindert werden, dass die internationalen Umweltabkommen der Welthandelsorganisation WTO untergeordnet werden. Mehr aber auch nicht. Ansonsten strotzen Aktionsplan und Abschlussresolution nur so von positiver Bezugnahme auf die WTO und Lobliedern auf "Partnerschaften" mit den Konzernen. Über 200 solcher Projekte wurden in Johannesburg vorgestellt, 700 Unternehmen hatten ihre Vertreter geschickt, 50 Multis, darunter mehrere deutsche, waren mit Managern aus der Führungsetage vertreten.

Was bleibt also unterm Strich? Legt man die Messlatte hoch an, so lässt sich feststellen, dass es keinen Schritt in Richtung Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums von Nord nach Süd oder von Oben nach Unten gegeben hat, was unabdingbar für jede nachhaltige Entwicklung wäre. Im Gegenteil: Die bestehenden Kräfteverhältnisse, die uns dorthin gebracht haben, wo wir heute stehen, wurden ein wenig zementiert.

Ist man ein wenig bescheidener, so lässt sich immerhin konzedieren, dass es in Fragen der Umsetzung einiger internationaler Verträge, vor allem beim Klimaschutz, ein paar winzige Schrittchen nach vorne gegeben hat. Mehr daraus zu machen, wird vor allem Aufgabe des politischen Drucks von unten sein, nicht zuletzt in Deutschland. (wop)

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