Herr, send' Hirn!

Die LinX solle doch etwas weniger "PDS-bashing" betreiben, lautete der gutgemeinte Rat, den es gratis zum Becks auf der Europawahlparty der demokratischen Sozialisten gab. Denn wenn man trotz aller grundsätzlicher Kritik an dem Laden hier mitsamt seinen Ritualen und Spielregeln auf eine Partei setzen wolle, dann sei eben jene trotz volkstümelnder Nuancen à la "Dies Land ist auch unserer Land" und Täve-Rummel doch noch die Einäugige unter den Blinden. Tja, wenn man denn - dann ist das wohl so. Daher von dieser Stelle: Ein einseitig erklärtes Aussetzen des bashings! (Auch wenn obige Argumentation verdammt an die "kleineres-Übel-Rhetorik" des "Stoppt-Strauß-Wahlkampfes" 1980 erinnert, mit der etliche Linke damals in Bezugnahme auf die SPD hausieren gingen; Parallelen gibt es auch zu den "Ich-habe-mit-großen-Bauchschmerzen-die-Grünen-gewählt-Beichten" der späteren Wahlen - als wenn Wählen etwas mit dem Bauch zu tun hätte.)

Richtig gebasht werden - gern auch ergänzt durch Parteiaustritte - sollte allerdings dann, wenn irgendwelche PDS-Strategen noch nach dem Schröder-Blair-Papier, dieser Mixtur aus wolkigem Blödsinn ("Problemlösungen müssen vernetzt werden") und neoliberalem Unternehmerverbandsgesülze ("das Sicherheitsnetz aus Ansprüchen umwandeln"), auch nur einen Zentimeter in Richtung weiterer Koalitionen mit der Hombach-Combo denken. Grundfalsch war das Setzen auf die SPD natürlich schon immer, nach deren neuerlichem Mega-Godesberg ist es geradezu abartig. Denn vor diesem Hintergrund ist man beinahe - natürlich nur beinahe - geneigt, dem faschistoiden Militariahändler vom Kieler Flohmarkt zuzustimmen, der seinen Kunden 10 mal am Tag erzählt, sein Pitbull sei darauf abgerichtet, jeden Tag einen Sozi totzubeißen.

In einem Punkt jedoch sind die Sozialdemokraten erträglicher geworden: Sie lügen weniger und reden mehr Klartext. Kanzler Schröder z.B., der den Erlaß eines Teils der Schulden der 38 ärmsten Staaten anläßlich des G8-Gipfels als reinen Akt der Vernunft und nicht Ausdruck von Großherzigkeit bezeichnet. Wer will da - von einigen KirchentagsaktivistInnen mal abgesehen - widersprechen? Schulden zu erlassen, die sowieso nicht getilgt werden können, da andere Zinsforderungen desselben Gläubigers bedient werden müssen, ist in der Logik kapitalistischer Weltwirtschaft, deren Ziel eh noch nie Großherzigkeit war, natürlich das einzig Vernünftige. Das wußte schon Alfred Herrhausen, damals, als die Panzerung seines Daimlers noch funktionierte.

Zu guter letzt: Was tun, wenn in diesen ohnehin schon trostlosen Zeiten sich die Situation im Betrieb so darstellt, daß die Zivildienstleistenden CDU wählen und den Einsatz von Bodentruppen im Kosovo befürworten und 80% der festangestellten KollegInnen gegen Lohnerhöhungen und für Jahresarbeitszeitkonten sind? Hoffen, daß die restlichen 20% Recht behalten werden! Die gehen nämlich davon aus, daß es am 18. August ohnehin mit dieser Welt vorbei sein wird. Erstens habe Nostradamus das schon prophezeit, und zweitens würden an diesem Termin die USA einen mit Plutonium bestückten Satelliten ins Universum schießen.

(cs)