Gegen den Krieg

KRACH GEGEN DEN KRIEG in der Räucherei

Gewaltig gegen die Gewaltigen

Über die Bühne ist ein Transparent gespannt: "Es lebe die internationale Solidarität!" Und an den Wänden hängen, vielfach demo-erprobt, Plakate gegen die NATO-Aggressoren. Daß der Krieg in Jugoslawien vorbei sei, glaubt kaum einer aus der kleinen linken Familie, die sich hier zum "Krach gegen den Krieg" versammelt hat. Auch nicht Stefan Hensch, Sänger von Get Wet, die heute nur im Duo antreten. Zwar ist sein Highland-Folk mit Schottenkaro von Hause aus nicht unbedingt antimilitaristisch, aber Stefan gibt sich Mühe, jedes Stück in den Kontext gegen den Krieg zu stellen: "Das nächste Lied handelt von Liebe, das Gegenteil von Haß und Krieg." Stefan ist es "ein inneres Bedürfnis", heute hier zu spielen, denn sein Vater ist als UNHCR-Beobachter gerade im Kriegsgebiet gewesen, und sein Fazit fällt ernüchternd aus. Der NATO-Angriff habe die Situation auf dem Balkan weiter verschärft.

Ein wenig bemüht wirkt das alles, Assoziationen an Singeclubs aus alten DDR-Tagen drängen sich auf. Orange Water hingegen verzichten auf das "preaching to the converted" und vertrauen ganz auf die musikalische Botschaft. Mit sparsamen, gleichwohl krachigen Gitarren geht das Kieler Quartett zu Werke. Mächtig wah-waht es von den Saiten, und aus dem Off wispern Samples gegen die Kriegsherren oder lassen diese selbst zu ihrem gewalttätigen Wort kommen, in einem Mitschnitt von einer CNN-Reportage über den Golfkrieg. Angebluest ruhiger wird zuweilen das orangene Fahrwasser, doch gegen Ende des an diesem Abend beeindruckendsten Gigs macht man dem Krach-Motto alle Ehre.

Bevor Tears for Beers es folkrockig jiggen und reelen lassen, formuliert Felix aus dem "Arbeitskreis gegen den Krieg", der das Konzert veranstaltet und sich in böser Ahnung dessen, was noch kommen mag, nunmehr "AK zwischen den Kriegen" nennt, ein "eindeutiges Nein gegen diesen Krieg" und das Ja "für eine zivile, freundliche Gesellschaft". Die Tears stimmen mit einem Klassiker der Bewegung ein, der rockigen Version des Pippi-Langstrumpf-Jingles: "Wir machen uns die Welt, widde-widde-wie sie uns gefällt!"

Da man mit solchem Appell dennoch unter sich geblieben ist, wird es mit den Clash City Rockers richtig gemütlich. Frisch inspiriert von einer Begegnung mit Clash-Drummer Joe Strummer, der "immer noch der Alte" sei, macht man den Pogo wie in alten Hausbesetzertagen. Die Gemeinde ist aus dem Häuschen. Zurecht, denn hier wird - Krieg hin oder her - eine der wenigen Sternstunden einer Einheit von Bühne und Publikum zelebriert. Und da ist sie schon da, die "zivile freundliche Gesellschaft", die DJ Motha T. abschließend mit Laibach-Krach und Acid-House in den schon grauenden Morgen entläßt.

(jm)