Landespolitik

Grüne Konkurrenz

Bei Schleswig-Holsteins Grünen formiert sich der Widerstand gegen die Rechtsentwicklung der ehemaligen Alternativpartei. Am Wochenende traf sich in Lübeck ein Kreis ehemaliger und Noch-Mitglieder, um zu beraten, wie es auf Landesebene weitergehen kann. Diskutiert wurde u.a. auch, zu den bevorstehenden Landtagswahlen mit einer eigenen Liste anzutreten. Im nördlichsten Bundesland, das von eine SPD-Grünen-Koalition regiert wird, wird im Februar gewählt. Die Grünen, die bei den letzten Wahlen erstmalig den Einzug in den Landtag geschafft hatten, müssen auch ohne Konkurrenzkandidatur bereits um den Wiedereinzug zittern.

Stein des Anstoßes ist für die Oppositionellen nicht nur der Kriegskurs der Bundesregierung. Bereits seit langem gärt es im Landesverband. Schon gegen den Koalitionsvertrag mit der SPD hatte es vor drei Jahren erheblichen Widerstand gegeben, da manchem zu wenig Grün drin war. Im Südosten des Landes, wo auch jetzt die meiste Kritik laut wird, stieß man sich z.B. am Einknicken in Fragen des Baus der Ostseeautobahn A20. Bei den letzten Kommunalwahlen, so Adelheid Winking-Nikolay, fraktionslose Abgeordnete im Kieler Landeshaus, haben die Grünen v.a. im Umfeld regionaler "Knackpunkte", wie etwa in der Nachbarschaft des AKW Krümmel, verloren. Die ehemalige Grüne ist im März nach heftigen Auseinandersetzungen in der Fraktion aus der Partei ausgetreten.

Die Stimmung auf dem Treffen, zu dem Vertreter aus fünf Kreisen im Südosten gekommen waren, sei zwischen Resignation und Aufbruch gewesen, so Winking-Nikolay, die von '72 bis '92 Mitglied der SPD war. Es gebe viel Interesse, etwas Neues anzufangen. Die Mitglieder, die jetzt austreten oder noch mit dem Gedanken spielen, seien oftmals die aktivsten. Ganze Fraktionen von Gemeindeparlamenten gehören dazu oder Leute, die in den Landesarbeitsgemeinschaften an führender Stelle aktiv waren.

In Lübeck hatte der Kreisverband den geschlossenen Austritt erwogen, hat aber inzwischen davon Abstand genommen. Die dortige Bürgerschaftsfraktion gehört ebenfalls zur parteiinternen Opposition und verzichtet nur deshalb auf den Austritt, so Bürgerschaftsmitglied Hans-Jürgen Schubert, um den linken Kreisverband nicht "zu bestrafen". Die meisten Initiativen hätten sie bedrängt weiterzumachen, damit sie nicht den Ansprechpartner in der Kommune verlieren.

Unterschiedlich ist die Haltung der Grünen Oppositionellen zur PDS. Deren Landesverband hatte am Wochenende ebenfalls eine Wahlbeteiligung beschlossen, will deswegen aber noch Rücksprache mit dem Berliner Vorstand halten. "Viele Wähler haben schon zur PDS gewechselt", so Winking-Nikolay. Doch für sie sei das schwer vorstellbar. Als Alternative komme ja auch noch der SSW, die Partei der dänischen Minderheit in Frage, der erstmals landesweit antreten wird. Auf jeden Fall müssen die ökologischen Themen weiterbearbeitet werden, die von den Grünen inzwischen vollkommen vernachlässigt werden.

Unterdessen reagiert der Grüne Landesvorstand mit Druck. Wolfgang Neskovic, Richter in Lübeck und Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft Demokratie und Recht, der erst Mitte der 90er von der SPD zu den Ex-Alternativen gewechselt war, wurde aufgefordert, seine Ämter niederzulegen. Andernfalls, so Vorstandssprecher Peter Swane auf einer Mitgliederversammlung, gebe es ein Ausschlußverfahren. Ihm wird vorgeworfen, den Aufruf "Keine Stimme den Kriegsparteien" unterstützt zu haben.

(wop)