Internationales

Indonesien:

Wahl gelaufen

Nur sehr schleppend geht in Indonesien die Auszählung der Stimmen voran. Die Wahlen fanden bereits am 7.6. statt, doch das endgültige Wahlergebnis wird noch einige Zeit auf sich warten lassen. Der bisher regierenden Golkar Partei, mit der sich Suharto einst an die Macht geputscht hat und die jetzt von seinem Zögling, dem Deutschland-Fan Habibie, geführt wird, werden nur ca. 20% der Stimmen eingeräumt. Der Rest wird i.w. auf die Parteien der gemäßigten Opposition fallen, die allerdings alle - wenn auch nicht so innig - mit dem alten Regime verbunden sind.

Mehr als 125 Mio. Wähler waren aufgerufen, Parlamente auf verschiedenen Ebenen zu wählen, darunter auch die 500 Sitze umfassende nationale Volksvertretung. Daneben finden Wahlen zu den Provinz- und Kreisversammlungen statt. 48 Parteien bewarben sich um Parlamentssitze, darunter allerdings keine Regionalparteien, da das Wahlgesetz vorschreibt, daß die Parteien in mindestens einem Drittel aller Provinzen vertreten sein müssen. Einige Menschenrechtler sehen darin ein demokratisches Defizit, da so die Vertretung lokaler und regionaler Gruppen in dem 210-Millionen-Einwohner-Land ausgeschlossen wird. In mehreren Provinzen gibt es Unabhängigkeitsbewegungen.

Einen noch größeren Makel stellt die Einflußnahme des Militärs dar. 38 der Parlamentssitze wurden nicht in freier Wahl vergeben, sondern sind dem Oberkommando der Streitkräfte (ABRI) vorbehalten. Dies entspricht dem indonesischen System des "dwi fungsi", das dem Militär die soziale Kontrolle im Inneren garantiert. Vertreter des Militärs werden auch in den regionalen und Kreis-Parlamenten sitzen. Dort sind für sie 10% der Sitze reserviert. Indonesiens Streitkräfte sind in der Vergangenheit für zahlreiche politische Morde und Folterungen verantwortlich gewesen, was weder sozialdemokratische, noch konservative Bundesregierungen von einer intensiven militärischen Kooperation abgehalten hat. 1965 hatte Suharto mit Hilfe des Militärs in einem der blutigsten Putsche der jüngeren Geschichte die Macht erobert. Mindestens 500.000 Menschen wurden ermordet, darunter viele Mitglieder der seinerzeit größten kommunistischen Partei außerhalb des sozialistischen Lagers. Deren ehemalige Mitglieder sowie deren Familienangehörige hatten bei dieser Wahl kein passives Wahlrecht.

Trotz der offensichtlichen Niederlage für seine Partei kann Habibie sich gute Chancen ausrechnen, wiedergewählt zu werden. Der Präsident wird nämlich nicht vom Parlament, sondern von der Konsultativen Volksversammlung gewählt, die sich aus Parlament und 135 von den Provinzregierungen bestimmten Vertretern zusammensetzt. Angesichts dessen, daß derzeit noch die Hälfte der Provinzgouverneure vom Militär gestellt werden und auch die übrigen Provinzgrößen zu den loyalen Anhängern Golkars gehören, dürfte das Habibies Trumpf sein. 65 weitere Mitglieder werden von sozialen Organisationen bestimmt. Für die Wahl reicht die einfache Mehrheit der Stimmen.

Unterdessen gibt es in zahlreichen Provinzen Stimmen, die von Wahlbetrug sprechen. Das reicht von Fälschung bis zum Stimmenkauf. Als Urheber wird meist Golkar genannt. In einigen Bezirken wurde die Wahlwiederhohlung von örtlichen Behörden beantragt. In verschiedenen Provinzen Sulawesis und Sumatras gab es Demonstrationen, auf denen die Wiederholung der Wahlen gefordert wurde.

Die linke PRD, die erst im letzten Herbst legalisiert wurde, beteiligte sich in 31 der insgesamt 462 Wahlbezirke. Ihr Vorsitzender Budiman Sujatiko sitzt noch immer im Gefängnis, wie auch einige andere Parteimitglieder, die unter Suharto inhaftiert wurden. Durch ihre aktive Rolle in Streiks und Aktionen der städtischen Armen konnte sich die Anfang der 90er aus der Studentenbewegung entstandene Organisation in den vergangenen 12 Monaten erheblich ausdehen und ist jetzt in 86 Städten statt vorher 12 präsent. Hoffnung auf einen nennenswerten Stimmenanteil hat man sich allerdings nicht gemacht. Dafür sei die Partei zu klein. Es gehe aber darum, die Menschen nicht den Illusionen der bürgerlichen Opposition zu überlassen, hieß es in einer PRD-Stellungnahme. Während die in ihrer Propaganda meistens die Verhältnisse unter Habbibie bereits als demokratisch bezeichne, erneuerte die PRD ihre Forderung nach einem Rückzug des Militärs aus der Gesellschaft und der Errichtung einer Übergangsregierung. Radikale Teile der Studentenbewegung mobilisierten für einen Wahlboykott.

Für die Analysten der Nachrichten-Agentur Reuters ist die Wahl unterdessen schon gelaufen. Wer auch immer gewinnt, so ihre Analyse, wird auf den Währungsfond hören müssen. Der Wirtschaftsberater der PDI-P von Megawati Sukarnoputri, die gute Chancen hat, demnächst eine wichtige Rolle in Indonesiens Politik zu spielen, hat das schon verstanden. Kwik Kian Gie würde zwar gerne, wie mancher andere indonesische Ökonom, einen fixen, am Dollar orientierten Wechselkurs einführen, um Importe zu verbilligen und der krisengeschüttelten Wirtschaft den Weg aus der Schuldenfalle zu öffnen, doch mit den Washingtoner Göttern ist das nicht zu machen. "Macht nichts", so Gie um das ausländische Börsenkapital zu beruhigen. "So sehr hängen wir auch nicht an unserem Parteiprogramm."

(wop)