KERNspalte

Am AKW Lingen werden die Zaunspaziergänge fortgesetzt. Man erwartet, daß in den nächsten Wochen oder Monaten die Baugenehmigung für die Zwischenlagerhalle auf dem AKW-Gelände erteilt wird, nachdem die Betreiber sie am 29.3. beantragt hatten.

Die Bundesanwaltschaft durchsuchte am 6.7. 13 Wohnungen und Firmen in Berlin, im Wendland, in Hamburg und Bremen, um einer angeblichen terroristischen Vereinigung auf die Spur zu kommen, die 1996 und 1997 20 Hakenkrallenanschläge auf Oberleitungen der Bahn verübt haben soll, um Castor-Transporte zu verhindern. Sieben Autonome wurden ED-behandelt, die Ermittler beschlagnahmten angesägte Gleisstücke, eine Handskizze einer Hakenkralle, Gleispläne, Werkzeuge und Schutzwesten für Bahnarbeiter.

Wenigstens die Gewaltfreien von "X-1000-mal quer" bereiten sich ordentlich (und legal) auf den nächsten Castor-Transport vor. Sie selbst bemängeln, daß dadurch eine Schieflage in den Vorbereitungstreffen entstanden ist, weil sich andere Anti-AKW-Gruppen kaum dort einfinden oder schlecht organisiert sind. Vielleicht liegt's daran, daß es nicht allzu eilig ist, wenn man Aussagen von Niedersachsens Innenminister Bartling glauben will, der Transporte nach Gorleben frühestens ab 2001 für möglich hält. Bis dahin sei die Polizei mit Expo und PKK-Krise ausgelastet. Und überhaupt will das Land die Kosten von 110 Mio. DM pro Transport nicht mehr allein tragen. Außerdem ist eine Bahnbrücke über die Jeetzel altersschwach und muß ersetzt werden. Zum Entsetzen der Bahn besteht das Amt für Denkmalschutz auf der Erhaltung des Erscheinungsbilds der Brücke aus dem Jahre 1874.

Obwohl auch das französische Umweltministerium Bedenken gegen den Kredit für die ukrainischen AKW-Neubauten Khmelnitzki-2 und Rovno-4 angemeldet hat, haben die Gespräche von Kanzler Schröder mit dem ukrainischen Präsidenten Kutschma nicht zu einer Änderung der Energiepolitik geführt. Nach offizieller Version besteht Kutschma nun auf den beiden AKWs als Ersatz für Tschernobyl, obwohl er vor einem Jahr noch den Bau eines Gas- und Dampfkraftwerks angeregt hatte. Nun scheint eine Wiederholung von Tschernobyl unausweichlich, sie wird regelrecht geplant, wobei die geringfügige Verbesserung der Sicherheitstechnik an den neuen Reaktoren gegenüber dem stillzulegenden Block 4 in Tschernobyl darin bestehen soll, daß sie vom Westen finanziert und von Siemens und Framatom installiert wird. Die Bauart bleibt allerdings russisch.

Die GRÜNEN machen ernst: Trittins ultimative Verhandlungsposition in Sachen AKW-Restlaufzeit lautet "25 Jahre sind wünschenswert, aber nicht erreichbar". 35 Jahre, wie von Schröder und Müller gewünscht, seien "nicht akzeptabel". Ein Kompromiß zwischen diesen extremen Ausstiegspositionen könnte sich bei 34 Jahren auf freiwilliger Basis anbahnen, denn alles unter 35 Jahren soll bitteschön als unumkehrbarer Einstieg in den Ausstieg verstanden werden.

Nachdem schon der BUND das Kapital als Drahtzieher der Umweltzerstörungspolitik entlarvt hat, zieht jetzt NABU-Präsident Flasbarth (Naturschutzbund Deutschland) nach, mit einem Offenen Brief unter dem Titel "Schaden die Grünen dem Umweltschutz?". Die Bilanz ist ein eindeutiges "Ja". Als Gründe nennt Flasbarth die "jämmerliche Situation beim Atomausstieg", die Altautoverordnung, die Vertagung des Klimaschutzes und der Reform des Naturschutzgesetzes. Die Grenzen des Handelns seien durch die Klientelpolitik des Bundeskanzlers gesetzt (Klientel = Kapital?). Die Grünen seien "für Natur- und Umweltschützer belanglos", da sie umweltpolitische Forderungen beliebig zur Disposition stellten. Wer den offenen Brief in voller Länge lesen möchte, sollte in die FR vom 9.7. schauen.

Im japanischen Tsuruga-Kraftwerk wurde der Atomreaktor wegen eines Kühlwasserlecks per Hand abgeschaltet. In dem Reaktor waren ca. 60 Tonnen Kühlwasser ausgetreten. Nach japanischen Presseberichten häufen sich die Zwischenfälle in Japans Kernkraftwerken. Im bisherigen Jahresverlauf seien bereits mehr Zwischenfälle registriert worden als im gesamten letzten Jahr!

(BG, hg)