Internationales

Tribunal gegen die NATO-Aggression

In zahlreichen NATO-Ländern bereiten Initiativgruppen ein internationales Tribunal über den NATO-Krieg gegen Jugoslawien vor. Diverse Friedensgruppen und Juristenvereinigungen beteiligen sich an der Organisation. In Deutschland hat die Koordination die Gesellschaft für den Schutz der Bürgerrechte und der Menschenwürde (GBM), eine in Berlin ansässige Organisation, übernommen. Nach dem gegenwärtigen Stand der Dinge wird es ein europäisches und ein amerikanisches Tribunal geben, die allerdings mit einander kooperieren. Ein Vertreter einer deutschen Gruppe von Rechtsanwälten, die zu den Initiatoren gehört, reiste Ende Juli nach New York, um an einem Hearing zur Vorbereitung des dortigen Tribunals teilzunehmen. Das europäische Tribunal wird vom 28. bis zum 31.10. in Berlin stattfinden.

Auf dem New Yorker Hearing stellte der ehemalige US-Generalstaatsanwalt Ramsey Clark vor rund 700 Teilnehmern eine Anklageschrift vor, die sich gegen die Regierungen der NATO-Staaten, namentlich die der USA, Deutschlands und Großbritanniens richtet. Die Veranstaltung war die erste einer Reihe, die in verschiedenen Städten der USA und anderer NATO-Staaten Augenzeugenberichte und Ermittlungsergebnisse zusammentragen soll.

Clarks Anklage lautet u.a. auf Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Verletzung der Charta der Vereinten Nationen und Verstoß gegen zahlreiche internationale Abkommen und Konventionen. Deutschland, der USA und der NATO wird vorgeworfen, seit mindestens 1981 zielstrebig an der Zerstückelung Jugoslawiens gearbeitet zu haben und damit für die Gewalt in der ehemaligen Föderation verantwortlich zu sein. "Die Folge davon ist, dass Jugoslawien, das vorher 25 Mio. Menschen in einer integrierten Gesellschaft und Wirtschaft vereinigte, inzwischen aus vielen kleinen Nationen besteht, von denen Serbien die größte ist. Die Angeklagten beabsichtigen, Jugoslawien so weit aufzuteilen, daß alle Teile Jugoslawiens jeweils weniger als 5 Mio. umfassen, von denen jeder Teil mehrheitlich aus einer einzigen ethnischen und religiösen Gruppe besteht und eine stark beeinträchtigte, weitgehend von ausländischen Interessen dominierte Wirtschaft haben soll", so Clark in seiner Anklage.

Desweiteren wirft er den Angreifern den Einsatz von Splitterbomben, abgreichertem Uran und anderen verbotenen Waffen vor. "Entgegen Erkenntnissen über ihre langzeitlich tödlichen Wirkungen und trotz Warnungen des U.S. Nuclear Regulatory Committee griffen die Vereinigten Staaten Jugoslawien mit Raketen, Bomben und Geschossen an, die abgereichertes Uran enthalten und radioaktive Substanzen in der Atmosphäre, im Boden, Grundwasser, in der Nahrungskette sowie in festen Objekten verbreiten, die von uranhaltigen Raketen, Bomben und Geschossen getroffen wurden. Dadurch setzten sie die jugoslawische Bevölkerung für Generationen der Gefahr von Tod, genetischen Schäden, Krebs, Tumorerkrankungen, Leukämie und anderen gesundheitlichen Schäden aus."

Als Ziele der Anklage benennt Clark u.a. die "Wiederherstellung der friedenssichernden Funktionen der UN", die "Abschaffung der NATO" und den "Rückzug aller ausländischen Truppen vom Balkan zum frühest möglichen Zeitpunkt."

(wop)

Kontakt in Deutschland über GBM. Tel.: 030/5594969, gbmev@t-online.de. Weitere Infos unter http://www.iacenter.org

Der vollständige Text der Anklage ist in dieser Woche in der "jungen Welt" veröffentlicht worden und unter http://www.jungewelt.de zu finden.