Gewerkschaftsticker

Als eine "Kriegserklärung an die Schichtarbeiter" hat der Vorsitzende der IG Medien, Detlef Hensche, den Vorschlag von SPD-Fraktionschef Struck bezeichnet, die Steuerfreiheit von Nachtzuschlägen abzuschaffen. "Die Menschen, die Schicht- und Nachtarbeit leisten, tun dies überwiegend im Interesse der Allgemeinheit. Außerdem sind damit erhebliche gesundheitliche und familiäre Belastungen verbunden. Da ist die Steuerfreiheit der Zuschläge ein Minimum an Entschädigung, das nicht angetastet werden sollte." Vor der Wahl habe die SPD versprochen, dass es bei der Steuerfreiheit für diese Zuschläge bleibe. An diesem Versprechen dürfe nicht gerüttelt werden.

Die Zahl der Beschäftigten in deutschen Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erden ist leicht gesunken. Ende Juni arbeiteten etwa 6,3 Mio. KollegInnen in diesen Branchen. Das waren 54.500 Männer und Frauen oder 0,9% weniger als im Juni 1998, wie das zentrale deutsche Statistik-Amt in Wiesbaden mitteilte. Während die Zahl der Beschäftigten in den westdeutschen Bundesländern um 59.900 auf etwa 5,8 Mio. sank, arbeiteten im Osten 5.400 mehr KollegInnen in diesen Branchen als im Jahr davor. Insgesamt waren in Ostdeutschland im Juni 591.000 KollegInnen im verarbeitenden Gewerbe und im Bergbau beschäftigt. Der Gesamtumsatz der Unternehmen in West und Ost wuchs im Juni im Vergleich zum Juni 1998 um 3,9% auf 204,4 Mrd. DM.

Etwa 60.000 Beschäftigte des Steinkohlenbergbaus an der Ruhr (Nordrhein-Westfalen) müssen in diesem Jahr möglicherweise mit einer Kürzung ihres Weihnachtsgeldes rechnen. Hintergrund sei die schwierige Lage des deutschen Steinkohlenbergbaus, sagte der Sprecher der IG BCE. Um Entlassungen zu verhindern, sei der sog. "Kauf" von Freischichten aus dem Weihnachtsgeld nicht mehr zu vermeiden. Pro Freischicht sollen dabei 0,5% des Jahreseinkommens abgezogen werden.

Der IG-Chemie-Vorsitzende des Bezirks Nordhrein, Detlef Fahlbusch, hat den geplanten Kombilohn-Modellversuch in Nordrhein-Westfalen verteidigt. Statt nur über die Arbeitslosigkeit zu klagen, müsse jetzt alles ausprobiert werden, sagte Fahlbusch. Von dem zweijährigen Probelauf mit 250 Arbeitsplätzen für gering Qualifizierte erhoffe er sich neue Arbeitsfelder etwa bei Hol- und Bringdiensten für Werkstätten, vorbereitende Tätigkeiten im Handwerk oder Arbeiten in Großküchen.

Die Stunde der Heuchler. SPD und Grüne, vor Jahresfrist für eine andere Politik angetreten, setzen die Umverteilung von unten nach oben fort, mag auch Finanzminister Eichel wieder und wieder Gegenteiliges behaupten. Die Großen machen Kasse, die Kleinen werden zur Kasse gebeten. Die Chefsache des Kanzlers zeigt sich als Ab- statt Umbau der Ost-Förderung. Die CDU beklagt die Mittelkürzung für den "Aufbau Ost". Es lamentieren jene Gärtner, die blühende Landschaften versprachen, dann zum Spaten griffen um platt zu machen und erst im Angesicht des drohenden Wahldebakels die kleine Gießkanne herausholten.

Bündnis-Grüne fordern weitergehende Rentenkürzungen. Der Beschluss der Bundesregierung, die Renten zwei Jahre lang nur entsprechend der Inflationsrate zu erhöhen, reicht nach Ansicht der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Kerstin Müller, "zur langfristigen Stabilisierung" der Altersversorgung nicht aus. Um bis 2030 ein "vertretbares Rentenniveau bei gleichzeitiger Beitragsstabilität" zu erzielen, müsse "mehr geschehen", sagte sie. In der Koalition werde darüber "kontrovers diskutiert werden", weil die Grünen "einen wesentlich größeren Reformbedarf" sähen als die SPD. Müller sprach sich für die Einführung eines "demographischen Faktors" aus, "der berücksichtigt, dass es immer weniger Erwerbstätige und immer mehr Rentner" gebe.

(hg)