Betrieb & Gewerkschaft

Ladenschlusszeiten:

Widerstand gegen aggressiven Vorstoß

Vor dem Hintergrund eines scharfen Konkurrenzkampfes der großen Einzelhandelskonzerne findet ein äußerst aggressiver Angriff auf das Ladenschlussgesetz statt. Dieser Konzentrations- und Zentralisationsprozess führt zu Dumpingpreisen, bei den immer mehr kleinere und mittlere Einzelhändler auf der Strecke bleiben. Nach den Vorstößen von Kaufhäusern in Berlin, Dessau und Halle, die am Sonntag ihre Läden für fünf Stunden öffneten, haben Kirchen und Gewerkschaften ihren Widerstand angekündigt.

Dagegen tritt Landesarbeitsministerin Moser (SPD) für eine Abschaffung des Ladenschlussgesetzes ein, da weite Teile, wie etwa die Sonntagsarbeit, durch den Arbeitnehmerschutz geregelt würden. Das ist eine Irreführung. Sie stößt damit ins gleiche Horn wie CDU-Spitzenkandidat Rühe, der für eine völlige Freigabe der Ladenöffnungszeiten trommelt. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Rossmann hat sich hingegen erst einmal hinter Kirchen und Gewerkschaften gestellt. Gewinner seien nur die Einkaufsmärkte auf der "grünen Wiese" und die großen Einzelhandelskonzerne.

Das ist aber genau das Spannungsfeld in dem sich etwa eine Stadt wie Elmshorn mit ihrem Subzentrum befindet. Auf der einen Seite Einkaufsmärkte auf der "grünen Wiese" und in der Innenstadt einer der aggressiven Einzelhandelskonzerne, nämlich Karstadt. Hier drängt der zur Hälfte von der Stadt getragene Marketingverein mit seiner Managerin Sievers auf die Vereinheitlichung von Ladenöffnungszeiten. Sievers beklagt, dass im Moment selbst der gelegentliche Sonntagseinkauf umstritten sei.

Mittlerweile sickert durch, dass die Bundesregierung eine Öffnung der Läden in der Woche bis 22 Uhr anstrebe. Das ist ungefähr das Drehbuch der letzten Jahre unter der reaktionären Bundesregierung: Bei Attacken gegen das freie Wochenende wurden dann Stück für Stück Ausnahmen zugelassen, und der Ladenschluss somit gelöchert. Welches Pfund Rossmanns Kritik, der sich ausdrücklich gegen die Landesregierung und den Wirtschaftsflügel der Bundes-SPD stellt, hat, muss vor Ort in der Auseinandersetzung geprüft werden. Gegen eine Verlängerung der Ladenzeiten in der Woche, hat Rossmann jedenfalls noch nichts gesagt.

(rua - aus den Elmshorner Gegensätzen 9/99)

"Von längeren Öffnungszeiten hat niemand auch nur eine Mark zusätzlich in der Tasche. Den Verbrauchern in Deutschland mangelt es nicht an Zeit, sondern vielmehr an Geld zum Einkaufen. Sonntag ist der einzige Tag, an dem die meisten Menschen selbstbestimmt über ihre Zeiten verfügen können, dieser Tag muss frei von ökonomischen Zwängen bleiben und der Erholung dienen", so Perke Heldt, Sprecherin des DGB-Kreis Region Unterelbe. Während der Umsatz im Einzelhandel seit Jahren stagniere oder rückläufig sei, werden überall Verkaufsflächen am Rande der Städte ausgeweitet. Neue Arbeitsplätze werden dadurch kaum geschaffen. "Auch der lange Donnerstag hat keine neue Beschäftigung gebracht, sondern nur die Umverteilung des Umsatzes und mehr 630-Mark-Jobs", kritisiert Heldt. Die Innenstädte können der Konkurrenz auf der "grünen Wiese" kaum Stand halten und veröden. "Da droht ein Verdrängungskampf, der zu einem Verlust von Lebensqualität führt. Darüber sollten die schleswig-holsteinische Sozialministerin, aber auch die kommunalen Politiker nachdenken, bevor sie sich in der Diskussion um die Abschaffung des Ladenschlusses vor den Karren der Konzerne spannen lassen."