Kommentar

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Die Mitschuld der "Westlichen Wertegemeinschaft"

Ungeheure Greuel haben sich Anfang September in Osttimor abgespielt. Wäre ein Bruchteil von dem im Kosovo passiert, wochenlange Schlagzeilen wären garantiert gewesen. Aber Osttimor ist halt nicht Kosovo.

Der Schrecken hat für die Osttimoresen allerdings noch lange kein Ende. Im Land befindet sich, trotz UNO-Truppen, noch immer indonesisches Militär, das die Milizen ausgerüstet und trainiert hatte. Ein Teil der Milizionäre ist mit den Flüchtlingen - in vielen Fällen ist wohl eher von Zwangsumgesiedelten zu sprechen - in den indonesischen Westteil der Insel gezogen und kann dort seine Schreckensherrschaft ungehindert weiter ausüben. Australische Zeitungen berichten davon, dass sie inzwischen mit automatischen Gewehren ausgerüstet wurden und zumindest ein Teil von ihnen an der Grenze konzentriert ist.

Die Bundesregierung gibt sich indes unwissend. Es seien wohl lokale Einheiten des Militärs und der Gouverneur von Timor involviert gewesen. Inwieweit aber auch höhere Militärkreise Bescheid gewusst haben, könne er nicht sagen, meinte Staatssekretär Ludger Vollmer (Die Grünen) kürzlich in einem Radiointerview.

Vielleicht sollte er seinen Sachbearbeitern mal nahelegen, ein paar Zeitungen aus der Region zu lesen. Ganz offensichtlich war der Terror, dem bisher mindestens 20.000 Menschen zum Opfer fielen, von langer Hand vorbereitet (mindestens seit einem halben Jahr), und zwar von hochrangigen Militärs. Das nützt derzeit denn auch die Gelegenheit, um in Indonesien selbst eine nationalistische Histerie anzufachen und gleichzeitig Notstandsgesetze im "Parlament" durchzusetzen.

An Mahnungen hatte es nicht gefehlt. Portugal hatte in den Verhandlungen über das Referendum hartnäckig aber vergeblich darauf bestanden, dass die indonesischen Truppen vor der Abstimmung abgezogen werden. Australien hingegen, das jetzt im Auftrag der UNO den Friedensengel spielt, hatte durchgesetzt, dass dem indonesischen Militär die Überwachung übertragen wurde. Schließlich unterhielt man seit langem gute Beziehungen zu diesem und hatte auch manchen Offizier ausgebildet. Dass Deutschland Portugals nur allzu realistische Forderungen unterstützt hätte, ist nicht bekannt. Man war wohl zu sehr damit beschäftigt, in Jakarta Messen für Polizeiausrüstungen und anderes vorzubereiten.

(wop)