Gewerkschaftsticker

Bei den Tarifverhandlungen über die Einführung der 35-Stunden-Woche in der ostdeutschen Metall- und Elektroindustrie kommt es zu ersten Warnstreiks. Die IG Metall Küste rief die Beschäftigten in einzelnen Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern zum Ausstand auf. Der Bezirksleiter der IG Metall, Frank Teichmüller, warf den Arbeitgebern Scheinheiligkeit vor, denn sie würden einerseits behaupten, aus politischen, ethischen und moralischen Gründen für eine Angleichung der Arbeitszeit zu sein, andererseits versuchten sie aber die Einführung der 35-Stunden-Woche auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben. Dies zeige sich unter anderem daran, dass die Arbeitgeberseite am Montag die Einsetzung eines “Sachverständigengremiums” forderte, das bis zum Ende des Jahres eine Beurteilung der Wirtschaftslage im Osten vornehmen solle. Dieses solle dann Grundlage für die Gespräche sein. “Damit ist die Katze aus dem Sack”, sagt Teichmüller. “Sie schieben sogenannte Sachverständige vor, um bis zum Jahresende überhaupt nicht mehr verhandeln zu müssen”. Teichmüller warnte vor der Illusion, dass ein “Billiglohnland” im Osten Arbeitsplätze sichere. Das Gegenteil sei der Fall: Dort, wo die Löhne am niedrigsten und die Arbeitszeiten am höchsten sind, ist auch die Arbeitslosigkeit am größten. Gerade hier muss alles getan werden, um Beschäftigung zu sichern. Darüber hinaus sind gleiche Arbeitsbedingungen wie im Westen und eine klare Perspektive wichtige Voraussetzungen, um die jungen Leute und die Fachkräfte im Land zu halten.

Die Kollegen von Heidelberger Druckmaschinen - die ihren Streik nach wie vor ausgesetzt haben - haben die Nummer 28 ihrer Streik Zeitung “Wie bliev” herausgegeben, in der es unter anderem heißt: “Die Verlagerungen sind ein großer Fehler von und für Heidelberg. Solange die Produktionsmittel hier sind und wir noch da sind, ist es für ein Umdenken der Entscheider noch nicht zu spät”. Die Ausgabe (pdf-Datei) kann von der Seite www.kiel-steht-auf.com heruntergeladen werden.

Weniger als 10.000 Menschen sind dem Aufruf von ver.di gefolgt und haben am 17. Mai in Berlin gegen die Agenda 2010 demonstriert. Selbst auf der ver.di – Homepage durfte die eigene Organisation wegen der offensichtlich lustlosen Vorbereitung ein wenig kritisiert werden: “ ‚Die Gewerkschaftsspitzen und Betriebsräte in Großunternehmen mobilisieren zu wenig’, monierte Michael, Anfang 20, und Werkzeugmacher aus Lüdenscheid. Dagegen hätte die Protestbereitschaft gerade unter jüngeren Kollegen stark zugenommen” und “Helmut Angelbeck vom ver.di-Erwerbslosenausschuss ließ auch die Gewerkschaften nicht ungeschoren. Er könne keinen ernsthaften Widerstand gegen die rot-grüne Kürzungspolitik ausmachen. ‚Es war verkehrt, in der Hartz-Kommission mitzuarbeiten’, dank dieser Einbindungspolitik gestalteten die Gewerkschaften letztlich den Sozialabbau mit. Viel Wut und Protestbereitschaft sammelte sich am Potsdamer Platz”.

Am 24. Mai wird es erneut zu bundesweiten Protesten gegen die “Agenda 2010” kommen. Die zentrale Veranstaltung für Norddeutschland findet unter dem Motto “Sozialabbau schafft keine Arbeitsplätze” um 11.00 Uhr auf dem Carl-Legien-Platz vor dem Hamburger Gewerkschaftshaus statt.

Mit rund 1 bis 2 Millionen Teilnehmern und insgesamt 115 Demonstrationen waren die Proteste gegen die Rentenreform in Frankreich am 13. Mai ein weit größerer Erfolg. Der Generalstreik zeigte deutlich Wirkung: Der öffentliche Nahverkehr kam fast landesweit zum erliegen. Zeitungen erschienen nicht. Offenbar besonders gut vertreten waren die Krankenhausbediensteten und die LehrerInnen. Die beste Mobilisierung leistete (wieder einmal) die kommunistisch beeinflusste zweitgrößte Gewerkschaft des Landes, die CGT.

  (mk)