Ratschlag
Gaarden bekommt seine Scouts. Zwei Menschen, die im Schnellkurs ein wenig in allem und nichts ausgebildet wurden und nun täglich durch den Stadtteil laufen sollen, um nach den Rechten zu sehen. Fragt sich nur, was das soll und wer die beiden ernst nehmen wird. Auf jeden Fall: Die Leute, die so etwas in der Ratsversammlung beschlossen haben, sind es nicht.
Es ist schon bezeichnend: Ein halbes Jahr Vorbereitungszeit, dann ein
Beschluss, das Pilotprojekt zwar zu starten, aber nach Abschluss auf keinen
Fall „in der bisherigen Form“ fortsetzen. Die etablierten Politiker simulieren
Politik. Mit den Problemen im Stadtteil hat das alles nicht das geringste
zu tun. Auch die ganze Debatte nicht, die Gaardens Zerfall und Abstieg
auf ein polizeiliches und Ordnungsproblem reduzieren will. Deutlich wird
an der Vorführung im Rathaus vor allem, dass es nicht um die Menschen
im Stadtteil geht, sondern nur noch darum, wie man ein ausuferndes soziales
Problem nicht ganz aus dem Ruder laufen lässt.
Die Gaardener sind in diesem recht hilflosen Diskurs nur Objekte. Entsprechend
haben sie es ja auch vorgezogen, bei den letzten Kommunalwahlen zuhause
zu bleiben, sofern diese grandiose Demokratie ihnen überhaupt das
Wahlrecht zugesteht. Man sucht nicht einmal das Gespräch mit den Bewohnern
des Stadtteils. Bestenfalls werden die Ängste eines Teils der älteren
Bevölkerung vor Veränderungen, sozialem Verfall und steigender
Kriminalität (zumindest der „gefühlten“, denn die Statistik spricht
ja oft eine andere Sprache) für einen aggressive Populismus ausgebeutet,
der lauthals nach mehr Uniformen und Knüppeln schreit, nach drakonischen
Strafen für Sprayer und ähnlichem.
Natürlich wird all das nichts an den Schließungen der Geschäfte ändern, der Vernachlässigung vieler Wohnhäuser, der vollkommen unzureichenden Straßenreinigung und der grassierenden Armut im Stadtteil. Aber man hat sich selbst ein wenig beruhigt und vielleicht mit ein wenig Stimmungsmache vom Kern des Problems abgelenkt.
Die Frage ist allerdings, wo die Lösung zu suchen ist. Generell wird es wohl nicht ohne erhebliche Mittel von außen gehen. Wo die allerdings herkommen sollen, oder vielmehr: Wie die erkämpft werden könnten, ist alles andere als ein triviale Frage. Vielleicht müsste ein sozialer Kiez-Ratschlag darüber beraten und zugleich auch die Frage klären, was man denn in der (langen) Zwischenzeit macht, bis solche Forderungen durchgesetzt wären.
(wop)