Kommentar

Antimilitarismus ade

Schwindlig kann einem dieser Tage bei dem Tempo werden, mit dem Grundsatzpositionen erodieren. Nein, die Rede ist nicht von der Panzerlieferung an die Türkei. Die war absehbar. Spätestens, nachdem man mit den türkischen Waffenbrüdern im Kosovo für das Menschenrecht auf Lynchmord und D-Mark gesorgt hatte. Angelika Beer ist natürlich dagegen, genauso, wie sie von Rambouillet nichts gewusst hatte. Sie wird dennoch weiter mitmachen und könnte somit zumindest als abschreckendes Beispiel dienen. Könnte, wenn man denn Interesse an derartigen Lernprozessen hätte.

Nein, schwindeln lassen derzeit andere Mitmacher, jene die noch nicht dürfen, aber allzu gerne wollen. Die Rede ist von der PDS. Gregor Gysi hat seine Lektion gelernt. Er weiß, was verlangt wird, will man in einem imperialistischen Land in die Regierung gelassen werden. So konnten wir letzte Woche ein Deja Vu erleben. Gysi brachte seine Bundestagsfraktion auf Kurs. Mit überwältigender Mehrheit stimmte sie einem Papier von ihm zu, in dem die Aufstellung einer internationalen Truppe unter UNO-Kommando gefordert wird. Begründung: Nachdem wir das Gewaltmonopol der UNO gegen die NATO-Aggression verteidigt haben, müssen wir es auch akzeptieren, d.h. faktisch durchsetzbar machen. Auch Einsätze nationaler Kontingente unter UN-Flagge seien nicht grundsätzlich - wenn auch gelegentlich im Detail - abzulehnen. Deutsche sollten allerdings (vorerst?) nicht dabei sein, obwohl man das gegenüber ärmeren Ländern und den dortigen Linken kaum begründen könne. (Da sind sie wieder die Freunde von Außen, die "The Germans to the front!" rufen.)

Nun werden Wohlmeinende einwenden, dass man all der vielen Konflikte in der Welt doch Herr werden müsse, wie man zuletzt in Osttimor gesehen hat. Die verkennen allerdings, dass bei allen Bürgerkriegen und Aggressionen der letzten 20 Jahre kräftig von Außen angeheizt wurde, bzw. mäßigendes diplomatisches Eingreifen zur rechten Zeit "vergessen" wurde. So geschehen z.B. im Falle Osttimors, wo die Massaker hätten verhindert werden können, wenn EU und USA die portugiesische Forderung nach dem Abzug der indonesischen Armee vor dem Referendum unterstützt hätten.

"Aber", wenden die Wohlmeinenden ein, "wenn das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen ist, dann muss man doch ..." - Die, die es hinein warfen, zu Friedensstiftern machen? Wohl kaum. Wer den Frieden will, müsste sich erst einmal Gedanken über die Ursachen der Kriege machen. Aber davon schweigt das Gysi-Papier genauso, wie es kein Wort darüber verliert, dass Deutschland nach herrschender Doktrin seine Interessen weltweit militärisch vertritt. Stattdessen: "Darüber hinaus dürfte auch unstrittig sein, daß wir der Bundeswehr zubilligen, die Bundesrepublik Deutschland im Falle einer Aggression zu verteidigen." Wir sind schließlich keine vaterlandslosen Gesellen!

(wop)