Ökologie

Greenpeace-Aktion in Kiel:

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Seit einigen Monaten macht die Umweltschutzorganisation Greenpeace auf die Belastung der Meere durch hoch giftige Schiffsanstriche aufmerksam. Es geht um Tributylzinn (TBT), das schon in geringen Mengen schädlich wirkt. Im Spätsommer hatten die Umweltschützer in verschiedenen deutschen Häfen Proben vom Meeresgrund geholt und dadurch die erhebliche Belastungen in der Umgegend von Werften nachgewiesen. Das höchste Ergebnis fand man in der Kieler Förde in der Umgebung der Friedrichsorter Lindenau-Werft. Immerhin 9.170 Mikrogramm TBT maßen die Umweltschützer nach eigenen Angaben pro Kilogramm Hafenschlick. 0,05 Mikrogramm reichen aus, um Bodenorganismen und Fischlarven zu schädigen.

Für Greenpeace war das Grund genug, die Kieler Werft zum Ziel einer ihrer spektakulären Aktionen zu machen. Von Bord des Greenpeace-Schiffes "Beluga" aus ließen Taucher eine 500 kg schwere Pumpe ins Hafenbecken ab, die schwarzen, übelriechenden TBT-Schlamm in ein Dock der Werft pumpte. Gleichzeitig verstopften die 40 Aktivisten mit Brettern und Sandsäcken die Speigatten und Löcher des Docks, damit der Schlamm nicht wieder herauslaufen kann.

"Wir bringen den Giftschlamm zum Verursacher zurück", sagt Greenpeace-Chemie-Experte Manfred Krautter. "Wenn die Schiffe von ihren alten TBT-Anstrichen befreit werden oder neue TBT-Farbe aufgesprüht wird, gelangen bei den Werften große Mengen des Giftes in die Umwelt." Bei Lindenau hatte man wenig Verständnis. Man habe immer ein bisschen mehr für die Umwelt getan, so ein Vorstandssprecher gegenüber den KN. Das sei dem Unternehmen auch durch ein Umweltzertifikat des Germanischen Lloyds bestätigt worden. Da muss man dann wohl annehmen, dass das von Greenpeace gefundene Gift von den Schnecken selbst abgesondert wurde, die anschließend daran krepiert sind.

Die meisten von Greenpeace kontrollierten Dockanlagen entsprechen nicht den gesetzlichen Anforderungen. "Die Werften sollten ihre Docks so umrüsten, dass kein TBT mehr in die Umwelt gelangt. Die Lindenau-Werft muss den Giftschlamm aus dem Dock auf jeden Fall Umwelt gerecht entsorgen", so Krautter. Durch die jüngsten Aktionen ist Bewegung in die TBT-Diskussion gekommen. So hat die Lloyd-Werft in Bremerhaven vergangene Woche angekündigt, ihre Dockanlagen ab 2000 umzurüsten und ihr Abwasser zu reinigen. Die Umweltminister von Hamburg, Bremen und Niedersachsen haben rasche Abhilfemaßnahmen bei den TBT-Emissionen der Werften angekündigt.

"Unsere generelle Forderung lautet: Kein TBT ins Meer", meint Manfred Krautter. Von den Schiffseigentümern fordert Greenpeace, nur noch umweltgerechte, TBT-freie Anstriche einzusetzen. Die IMO (Internationale Meeresorganisation der Vereinten Nationen) diskutiert über ein globales Verbot von TBT ab 2003. Unter dem Eindruck der Greenpeace-Kampagne haben in den letzten Wochen auch der Verband für Schiffsbau und Meerestechnik (VSM) - die Organisation der Werftbetreiber - und der Verband Deutscher Reeder (VDR) angekündigt, das von der IMO geplante Verbot zu unterstützen. Auf internationaler Ebene gibt es allerdings noch starken Widerstand seitens der Chemieindustrie und der internationalen Reederverbände.

Für weiteres Zögern gibt es keine Gründe. Giftfreie Alternativen zu TBT, z.B. Silikonfarben, sind heute schon verfügbar. Als Übergangslösung kommen auch Anstriche auf Kupferoxidbasis in Frage, die laut Umweltbundesamt 1.000 Mal weniger schädlich sind als TBT-Farben. Der weltweit größte Farbhersteller International Coatings gibt inzwischen für diese beiden Farbtypen die gleiche Haltbarkeitsgarantie wie für TBT-Farben.

(wop, u.a. nach einer Greenpeace-Pressemitteilung)