Herr, send' Hirn!

Es gibt doch mehr Menschen als erwartet, die einen Großteil ihrer Energie darauf verwenden, die gängigen Vorurteile über die Berufsgruppe, der sie angehören, zu bestätigen. Mein neuer Hausmeister, der bedauerlicherweise kürzlich den sympathischen Ex-Punk abgelöst hat, gehört auf alle Fälle dazu. Erst schmiert er das gesamte Treppenhaus mit einer undefinierbaren klebrigen Pampe ein - in die natürlich sämtliche Mieter des Hauses kollektiv reintreten - um dann auf der untersten Stufe einen Zettel anzubringen (interessanterweise ein recyceltes Antifa-Flugblatt) mit dem schönen Text: "Für alle Doofen und Blinden - das Treppenhaus wurde frisch gespachtelt".

Leider, leider ist an dieser Stelle auch der Altmeister der DDR-Propaganda Eduard Schnitzler zu nennen, der hier eigentlich als Gegengift zu den jüngst inflationär gesendeten TV-Specials zu 10 Jahre Mauerfall empfohlen werden sollte. (Rund um die Uhr Bärbel Bohley, Mauerspechte- und Schützen, "Det-iss-Wahnsinn"-Gestammel und Schabowskis Patzer bei der legendären Pressekonferenz hält doch wirklich kein normaler Mensch aus.) Doch wie gesagt - "Sudel-Ede", mit seinen knorzigen Attacken gegen Kapitalismus und Imperialismus eigentlich immer zum innerlichen Strammstehen gut, hat es so richtig verrissen. Schnitzler klopft sich in seinen Lebenserinnerungen "Meine Burgen und Schlösser" auf 264 Seiten permanent auf die Schulter, kokettiert vor seinen LeserInnen in dem Kapitel "Schnitzler und die Frauen" damit "kein Kostverächter" zu sein und resümiert letztendlich sein Leben als eines "voller Mühen, die sich aber für Deutschland gelohnt" hätten. Na, gut: etwas Greisen-Potenzgeprotze und ein wenig Nationalismus von links - geschenkt! Richtig haarsträubend aber seine Begründung, warum unter Stalin nicht alles schlecht gewesen sein kann. Rotarmisten seien schließlich auf dem Schlachtfeld mit dessen Namen auf den Lippen krepiert. Himmel! Mit dieser Argumentation wäre auch Hitler irgendwie ganz knorke gewesen.

Einen Anchorman des bürgerlichen TVs, so wie man sich ihn vorstellt, gab auch Wolf von Lojewski als er den ganz gewöhnlichen Vorgang im Kapitalismus - die Monopolbildung - mit einem Superlativ beschrieb. So eine hohe Summe, wie sie der britische Telekom-Konzern Vodafone der Mannesmann AG geboten hat, habe es "in der gesamten Menschheitsgeschichte" noch nicht gegeben. Als wenn in der Steinzeit ständig "feindliche Übernahmen" von irgendwelchen Mammut verarbeitenden Betrieben auf der Tagesordnung gestanden hätten.

Den gemeinsten Vorstellungen, die man sich über einen deutschen Außenminister machen kann, entspricht Josef Fischer. Zwischen Krieg Führen und Partei Transformieren mal schnell ein Buch hinhunzen, das den Titel "Mein langer Lauf zu mir selbst" trägt und das mit Passagen wie "und dann beschloss ich, die Diskette meines Körpers zu löschen und völlig neu zu schreiben" daher kommt. Wenn er selbiges mir seinem Schädel angestellt hätte, hätte er dem Gemeinwohl mehr gedient als mit seiner Fit-for-War-Meise.

Von den "Kieler Nachrichten" mag man ohnehin nicht mehr viel erwarten, aber wieso der Norden ausgerechnet Henry Ford, zur Person des Jahrhunderts küren soll, wird wohl nie erklärt werden können. Aber, wer weiß? Wer OB Gansel groovy findet, der hält wahrscheinlich auch die Forcierung von entfremdeter Arbeit und Arbeitshetze für auszeichnungswert.

(cs)