Aus dem Kieler Rat

Zuwendungen auf Dauer?

Rat beschloss feste Verträge mit den soziokulturellen Zentren

Vor ziemlich genau einem Jahr ging es Kiels soziokulturellen Zentren (Hansastraße 48, Kulturladen Leuchtturm in Friedrichsort und Hof Akkerboom in Mettenhof) noch an den Kragen. Im Verwaltungsentwurf für den Haushalt 99 sollten deren Zuwendungen zunächst um 100%, nach lautstarken Protesten dann noch um 10% gekürzt werden. In den Haushaltsberatungen beließ man es dann doch bei den seit Jahren gedeckelten Zuschüssen (analog zum Zuschuss der Pumpe). Nach solcher jahrelanger Zermürbung durch in jedem neuen Haushaltsentwurf wieder drohende Kürzungen erscheinen die in der Ratsversammlung vom 18.11. beschlossenen, über 3 bis 5 Jahre laufenden Festverträge nunmehr fast wie ein Segen. Darüber, dass eine Festschreibung der Zuschüsse, also auch weitere Deckelung in den nächsten Jahren, faktisch eine Kürzung bedeutet, regt sich - wenigstens im Rat - niemand mehr auf. Lediglich Ute Kohrs-Heimann, der kulturpolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion, war das immerhin eine Erwähnung im Nebensatz wert. Letztlich hat also die Zermürbungstaktik der Verwaltung den gewünschten Erfolg gezeigt, denn mit je 100.000 DM jährlich für Hansastraße und Kulturladen sowie 60.000 für den Hof Akkerboom kann auch ein Sparetat problemlos leben - und die Zentren sind erstmal ruhig gestellt.

Ganz glatt ging der Beschluss dennoch nicht durch den Rat. Die CDU - alle Jahre wieder - lehnte den Vertrag mit der Hansastraße vollständig ab. "Müssen wirklich alle soziokulturellen Zentren unterstützt werden?" fragte die kulturpolitische Sprecherin Helga Helmig. Alles müsse auf den Prüfstand. In der Hansastraße seien "aus Hausbesetzern Hausbesitzer geworden, die sehr wohl auf eigen Beinen stehen können". Bei den anderen beiden wollte die CDU um 10% kürzen. Für die Dachdeckung der neuen Kulturscheune am Hof Akkerboom sollten Sponsoren gewonnen werden.

Beim Hof Akkerboom gab es auch aus den anderen Fraktionen Widerstände. Bei diesem Zentrum wurde der Zuschuss von 50.000 auf 60.000 sogar erhöht. Grund, so die Verwaltungsvorlage: Mit der neuen Kulturscheune, in der v.a. Kunstausstellungen stattfinden sollen, habe sich das Angebot des Hofes Akkerboom deutlich erweitert. Dagegen richteten sich CDU, SUK und auch die Grünen. Ingrid Jöhnk (Grüne) witterte "gute Verbindungen" der Akkerboomer zum Mettenhofer SPD-Ortsverein. Solcher Lobbyismus ist nicht ganz von der Hand zu weisen, hatte doch die Verwaltung, ohne einen entsprechenden Ratsbeschluss zu erwirken, im Frühsommer Mittel für den Ausbau der Kulturscheune außerplanmäßig bereit gestellt. Eine "Eigenmächtigkeit", die nun den Sachzwang der Erhöhung nachträglich rechtfertigen solle, wie die Opposition kritisierte.

Ziemlich kleinkariert wirkte der Streit angesichts der Geringfügigkeit der Erhöhung dennoch (das Plus von 10.000 DM entspricht gerade mal drei der neuen, sündhaft teuren Sessel im Eingangsbereich des Bürgeramtes). Die Förderwilligkeit des Rates für die soziokulturellen Zentren und private Kulturanbieter scheint sowieso völlig von jeweiligen Vorlieben und Antipathien der Fraktionen bestimmt. So mahnte die SUK z.B. mehr Förderung für das polnische Theater an. Und dass der Hof Akkerboom der SPD lieber ist als die "autonome" Hansastraße, wurde zwischen den Zeilen auch immer wieder deutlich. Bernd Heinemanns (SPD) Plädoyer, die Arbeit aller Zentren verdiene Hochachtung, "jenseits von parteipolitischem Lobbyismus", war in der Diskussion eher die vernünftige Ausnahme. Und Ingrid Jöhnks Argument, man wolle Gleichstellung der soziokulturellen Zentren und stimme daher gegen die Erhöhung beim Hof Akkerboom, war angesichts des Zahlenverhältnisses 100.000, 100.000, 60.000 (vorher 50.000) nicht sonderlich glaubwürdig. Ebenso kontraproduktiv Edina Dickhoffs (Grüne) plötzlicher Einwurf: "Wir waren uns doch alle einig, dass gespart werden muss. Warum wird dann für Mettenhof eine Extrawurst gebraten?"

Für die soziokulturellen Zentren besteht mit den Verträgen jetzt immerhin mittelfristige Planungssicherheit. Fraglich bleibt aber, ob ihre Strategie, sich bei einzelnen Fraktionen oder Ratsleuten eine Lobby zu verschaffen, in der Zukunft tragfähig bleibt, zumal die jeweiligen Lobbyisten im Rat sich durch Wankelmütigkeit und die Einforderung von Wohlverhalten auszeichnen. Vielleicht wäre es besser, die kleinen, sprich mit geringen Etats ausgestatteten, Kulturanbieter in Kiel, meist die einzigen, die auch der Subkultur und den innovativen "Randerscheinungen" eine Bühne bieten, würden endlich an einem Strang ziehen. Zeit für die Entwicklung einer solchen Strategie ist mit den 3- oder 5-Jahresverträgen jetzt da. Man sollte sie nutzen, denn der nächste Kaputtsparwahn kommt bestimmt.

(jm)