Verhandlungen über globalen Klimaschutz:

Stillstand im Treibhaus

Mit dürftigem Ergebnis endete in Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires eine Woche vor Weihnachten die diesjährige Weltklimakonferenz. In letzter Minute kam ein Ausgleichsfonds Zustande, aus dem Entwicklungsländer entschädigt werden sollen, die unter den Folgen des Klimawandels zu leiden haben. Die EU wird voraussichtlich rund 360 Millionen Euro pro Jahr einzahlen. Außerdem einigte man sich auf ein informelles Seminar im nächsten Jahr, auf dem Meinungen über einen möglichen neuen internationalen Klimavertrag ausgetauscht werden sollen. Bisher gibt es zum einen die Rahmenkonvention, in der man sich auf allgemeine Prinzipien geeinigt hat, ohne das eine konkrete Minderung der schädlichen Treibhausgasemissionen vereinbart wurde.

Zum anderen wird internationaler Klimaschutz im sogenannten Kyoto-Protokoll geregelt, dass im Februar endlich in Kraft treten wird. Allerdings läuft es bereits Ende 2012 aus und sieht auch nur eine sehr moderate Minderung der Emissionen der Industrieländer von durchschnittlich fünf Prozent vor. Die EU hatte in Buenos Aires einen Fahrplan für Verhandlungen über ein Nachfolgeabkommen gefordert und damit bei den USA auf Granit gebissen. Die Bush-Regierung, die sich bereits aus dem Kyoto-Protokoll zurückgezogen hatte, findet es mal wieder vollkommen verfrüht, über konkrete Verpflichtungen zu sprechen. Den Klimawandel zu bekämpfen sei eine Aufgabe von vielen Generationen, äußerte eine US-amerikanische Unterhändlerin. Hintergrund sind die einflussreichen Interessen der US-Öl- und Automobilindustrie, deren Geschäft auf den Hauptquellen jener Gase beruht, die das globale Klima aus dem Gleichgewicht bringen.

Widerstand gegen die Forderung der EU kam allerdings auch aus einer ganz anderen Ecke. Brüssel hatte nämlich den Fahrplan mit dem Ansinnen verbunden, dass nun auch die großen Entwicklungsländer wie China, Indien oder Brasilien sich auf eine Verminderung der Emissionen oder zumindest auf eine Begrenzung der Zunahme festlegen sollten. Dass mit einer solchen Forderungen die Verhandlungen blockiert würden, hätten sich die europäischen Umweltdiplomaten allerdings an fünf Fingern abzählen können. In Beijing, Neu Delhi oder Brasilia kann man nämlich darauf verweisen, dass umgerechnet auf die Bevölkerung die Emissionen in diesen Ländern noch immer minimal sind. Außerdem gehen die bisher in der Atmosphäre angesammelten Treibhausgase ausschließlich auf das Konto der Industrieländer, die sich jedoch zieren, daraus die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.

Also einigte man sich schließlich auf ein unverbindliches Seminar statt konkreter Vertragsverhandlungen. Aber vielleicht ist das den EU-Umweltministern ja ganz recht, denn so müssen sie sich vorerst nicht weiter mit den eigenen industriellen Treibhaussündern anlegen. So kann zum Beispiel Deutschland sich weiter als Klimamusterknabe gerieren und mit dem Finger auf China zeigen, was Bundesumweltminister Trittin in letzter Zeit gerne macht, während die deutsche STEAG in der Türkei und auf den Philippinen Milliardensummen in Steinkohlekraftwerken verbaut. Die aber gehören zum Schlimmsten, was man in Sachen Klimaschutz machen kann, weil bei der Verbrennung von Kohle der Ausstoß an klimaschädlichen Kohlendioxid pro Kilowattstunde Strom besonders hoch ist.

Unterdessen zeigen die vorläufigen Daten der Weltmeteorologie-Organisation (WMO), dass 2004 aller Voraussicht nach das viertwärmste Jahr seit Beginn regelmäßiger flächendeckender Temperaturaufzeichnungen gewesen sein wird. Spitzenreiter sind 1998, 2002 und 2003. Die WMO weist auch erneut daraufhin, dass sich die globale Erwärmung markant beschleunigt hat. Während die Temperatur der unteren Luftschichten im 20. Jahrhundert im globalen Mittel um 0,6 Grad Celsius stieg, klettert das globale Thermometer seit Ende der 1970er Jahre dreimal so schnell. Der Oktober 2004 war der wärmste je gemessene seit Beginn der Aufzeichnungen, das gleiche gilt für den Juli in der Arktis, das heißt nördlich von 70°. Entsprechend war die Ausdehnung des Meereises auf dem Arktischen Ozean im September 13 Prozent geringer als der Mittelwert der Jahre 1973 bis 2003. Satellitenmessungen aus dieser zeit legen Nahe, dass die Eisbedeckung in den letzten beiden Jahrzehnten um etwa acht Prozent zurückgegangen ist.

Die WMO-Bilanz zeigt übrigens auch, dass der Klimabremser USA im ausklingenden Jahr hart von Wetterkapriolen getroffen wurde. Hurricanes und tropische Stürme richteten dort im Sommer Schäden in Höhe von 43 Milliarden US-Dollar an. Laut WMO nehmen in der Karibik seit 1995 die schweren Stürme deutlich zu. Besonders schwer traf es in diesem Jahr dort allerdings vor allem Haiti, das ohnehin schon zu den ärmsten Länder der Welt gehört, aber gleich zweimal von Wolkenbrüchen verheert wurden, die dort und in der benachbarten Dominikanischen Republik insgesamt etwa 5000 Todesopfer forderten.
(wop)