Ratsversammlung

Büchereien werden privatisiert

Einer der Hauptstreitpunkte auf der Ratsversammlung am 16.12.04 war die Umsetzung der 30 Prozent Kürzungsmaßnahmen in den Stadtteilbüchereien, für den der Ausschuss für Jugend und Sport unter Vorsitz von Ingrid Jöhnk (Grüne) zuständig ist. Bis 2007 erwartet die Verwaltung Einsparungen von 770.000 Euro bei den Stadtteilbüchereien. Sechs von neun Stadtteilbüchereien sollten geschlossen werden. Dagegen gab es aus den Stadtteilbüchereien erheblichen Protest und Widerstand und so wurden ca. 10.000 Unterschriften gesammelt.

Gegen die Stimmen der SPD hat die Ratsversammlung nun beschlossen für die Stadtteilbüchereien Holtenau und Neumühlen mit den jetzt dort entstandenen Arbeitsgemeinschaften "private Auffanglösungen" zu entwickeln. Ziel sei "ein Kooperationsvertrag, der die Fortführung des Betriebs der Zweigstellen in privater, ehrenamtlicher Trägerschaft" möglich macht. Dies solle dann deutlich geringere Kosten garantieren. Wenn das gleiche Konzept ehrenamtlicher Weiterführung ab 2007 auch in den Stadtteilbüchereien Gaarden und Suchsdorf umgesetzt werden kann, sollen auch diese nicht geschlossen werden. Alternativ wird die Möglichkeit von Fahrbüchereien untersucht.

Was die zentrale Stadtbücherei betrifft, die ja an einem Tag in der Woche geschlossen werden sollte, will die Verwaltung bis Oktober 2005 erst noch mal die Entwicklung der Auslastung abwarten, um dann zu beschließen. Scheibchenweise werden also Personaleinsparungen in den Büchereien vorgenommen.
Ingrid Jöhnk hat als GRÜNE Kommunalpolitikerin auf der Ratsversammlung klargestellt, dass die Haushaltslage dazu zwinge einzusparen, um das Allerschlimste zu verhindern. Was sie damit gemeint hat ist nicht klar, aber bei der Bildung zu sparen ist wohl nicht das Allerschlimmste. Ansonsten erweisen sich die Kieler GRÜNEN als Musterprediger für Privatisierung, die "keine Leute bevormunden wollen, die Ehrenamt wollen". Musterverträge dafür gäbe es bei der Volkshochschule. Es ist also nur eine Frage der Zeit, dass sich auch Lehrer ehrenamtliche Musterverträge besorgen müssen.

Es ist äußerst zweifelhaft anzunehmen, dass ein Ehrenamtlicher die gleiche Qualifikation, Zeit und Tätigkeiten aufwenden kann, wie dies z.Zt. die städtischen Mitarbeiter in den Büchereien leisten können. Somit wird in Zukunft die Qualität der Büchereien abnehmen und schließlich sie werden nicht mehr genutzt und geschlossen.

Bemerkenswert waren auch Äußerungen der CDU-Fraktion über Stadtteilbüchereien: "Luxus, den wir uns nicht mehr leisten können" und "Wie überleben sie in anderen Städten" (ohne Stadtteilbüchereien?) "... ohne völlig zu verblöden?", die zeigen, dass die bürgerlichen Politiker von "Bildungsauftrag" reden, aber Menschen verachten, die sich für den Erhalt der Stadtteilbüchereien einsetzen und als "dekadent" bezeichnen, weil sie nicht einsehen, dass man in der Bildung sparen muss.
Völlig außer acht bleibt in der Diskussion um die Stadtteilbüchereien, welche wichtige Rolle sie als Kommunikationzentren für Kinder und Jugendliche haben. Sowohl diese Aufgabe als auch die der Bildung darf nicht ehrenamtliche Privatangelegenheit sein, sondern ist eine staatliche Veranwortung, die allen zur Verfügung stehen muss. -
(Uwe Stahl)