Solidaritäts-Party für www.chefduzen.de:

Mut auf Wut machen

Gleich Schafen zur Schlachtbank marschieren die Arbeiterheere in Fritz Langs "Metropolis" in die Fabriken. Der Kieler Filmemacher Karsten Weber schneidet die Szene als frappant aktuelles Zitat in seine Fünf-Minuten-Filmcollage für www.chefduzen.de.

Seit fast genau zwei Jahren ist die von Weber gegründete und inzwischen bundesweit bekannte Internetplattform online, ein "Forum der Ausgebeuteten" für die Hungerleider der Arbeitsmarktkrise, für Hartz-4-Opfer wie für Niedriglohner und Scheinselbstständige, die "für immer weniger Geld immer mehr arbeiten müssen". Was als Forum des Dampf Ablassens über sklaventreibende Chefs begann, entwickelte sich zum Ort für gegenseitige Beratung, wie man den Zumutungen von Arbeitgebern und Staat begegnet - mit heute fast 2.000 Zugriffen pro Tag. Und kostete die Betreiber 2.500 Euro: Gegen die Enthüllungen von skandalösen Arbeitsbedingungen in Leiharbeitsfirmen, Callcentern, Fastfood-Ketten und auch in einem Kieler Bürowaren-Einzelhandel bemühten letztere ihre Anwälte, um das Forum zum Schweigen zu bringen, und setzten Mitarbeiter und Ehemalige, die in chefduzen.de gepostet hatten, massiv unter Druck.

Um die immensen Kosten für den Erhalt des Forums gegen die fast wöchentlich eintrudelnden Strafandrohungen wieder einzuspielen, hat Weber jetzt eine Solidaritäts-Tour organisiert. Im Subrosa war Premiere - und für ein Hörspiel namens "Untragbar", das demnächst auf einer CD-Beilage des Magazins "Wildcat" erscheint. "Man macht sich keinen Begriff davon, welche Formen Ausbeutung auch in diesen Breiten annimmt", sagt Weber und montiert als Sound-Collage die Stimmen derer, die von Arbeitgebern, die sie los werden wollen, übers Ohr gehauen werden. Etwa ein Werftarbeiter, den Webers für die Untertöne der Verzweiflung sensibles Mikrofon beim Bremer Vulkan traf. 30 Jahre hat er bis zum Ruin seiner Gesundheit gearbeitet, jetzt gilt er als Schrott. Aber eine Klausel im Auflösungsvertrag verhindert seine Frührente.

Zwischen solche Erzählungen, wie man "von 17 Euro und drei Cent am Tag" (nicht) lebt, montiert Weber das Wortgebläse der Kapitalismus-Apologeten: "Weniger Staat, mehr Wettbewerb! Nutzen Sie Ihr Personal, um Umsatz und Profit zu steigern!" Klartext gegen Klartext, der "Mut auf Wut" macht - wie der bewegte Klezmer-Sound des Kieler Trios Schmarowotsnik, das einen Abend ausklingen lässt, der Beginn einer Gegenbewegung sein könnte.

(ögyr)

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