Anti-AKW

Deutscher Atomstrom als Entschädigung für schwedischen Ausstieg

Es ist ein Sieg für die Anti-Atombewegung in der ganzen Welt, dass am 30.11. der erste Reaktor im schwedischen AKW Barsebäck abgeschaltet wurde. Doch die schwedische atomare Bedrohung der nahe Barsebäck gelegenen dänischen Hauptstadt Kopenhagen wird in einer Art Atomrochade durch eine schwedische Bedrohung Hamburgs ersetzt, so der Hamburger Johannes Hennies, Mitglied in der schwedisch-deutschen Anti-Atom-Gruppe "Barsebäcksoffensiv". Am 29.11. einigte sich der Barsebäck-Betreiber Sydkraft mit der schwedischen Regierung auf eine Entschädigungssumme von ca. 1,3 Mrd. DM, die in Form von Stromlieferungen des staatlichen Energieversorgers Vattenfall an Sydkraft bezahlt werden soll. Vattenfall hat sich vor Mitte November bei den HEW eingekauft, die mit Anteilen an Stade, Krümmel, Brokdorf und Brunsbüttel 80% Atomstrom produzieren. Den Strom, den Barsebäck 1 seit dem 30.11. nicht mehr produziert, ersetzt Schweden also durch deutschen Atomstrom.

Die HEW produzieren ungefähr 11 TWh Atomstrom im Jahr. Vattenfall hat 25,1% der HEW gekauft, was ca. 2,75 TWh Atomstrom im Jahr entspricht, und hat eine Option auf weitere 25,1%, was dann ca. 5,5 TWh im Jahr entsprechen würde. Diese Zahlen liegen in der gleichen Größenordnung wie die 4 TWh im Jahr, die Barsebäck 1 bis heute produziert hat und die Sydkraft jetzt vollständig oder teilweise als Entschädigungsstrom von Vattenfall bekommen soll.

Dies ist ein typisches Beispiel dafür, dass Schweden und Deutschland, die bei sich zu Hause den Ausstieg propagieren, im Ausland zugunsten der heimischen Großkonzerne eine entgegengesetzte Politik betreiben. "Der Widerstand muss jetzt über die Grenzen gehen und der neuen Bedrohung durch eine international verwobene Atomindustrie begegnen", sagt Roland Rittman, Organisator mehrerer Anti-Barsebäck-Demonstrationen und Mitglied der Barsebäcksoffensiv.

"Was der Beginn der Abwicklung der schwedischen Atomkraft hätte sein können, wird nun zu einer internationalen Verwicklung und Verteuerung", meint Rittman. "Dass die Regierung für die Schließung eines kleinen alten Reaktors ca. 1,3 Mrd. DM zahlt, wird die Kosten für einen vollständigen Ausstieg Schwedens in astronomische Höhen treiben. Statt diese hohen Summen zu kassieren, sollten die Atomkonzerne die ökonomischen Vorteile zurückzahlen, die sie über Jahre hinweg in Form von Subventionen, Versicherungs- und Entwicklungskosten genossen haben."

Die Schließung des AKW Barsebäck ist das Resultat von 23 Jahren bürgerlichem Kampf. Die erste Demonstration gegen das AKW fand 1976 mit Teilnehmern aus ganz Skandinavien statt. Die internationale Teilnahme wurde in diesem Sommer wiederholt, als sich 70 deutsche Radfahrer, von Gorleben kommend, an der Demonstration gegen das AKW beteiligten.

Die Arbeitsgruppen der Barsebäcksoffensiv in Deutschland und Schweden planen schon gemeinsame Aktionen gegen die Atomindustrie im nächsten Jahr. "Die Schließung des ersten Reaktors in Barsebäck soll der Startschuss zum Atomausstieg in allen Ländern werden", so Johannes Hennies.

(Pressemitteilung der Barsebäcksoffensiv)