Herr, send' Hirn!

Doch, doch, daß sie Humor auf Weltniveau besitzen, haben die drei PDS-Politikerinnen aus Mecklenburg-Vorpommern wahrlich bewiesen, als sie munter gegen die Gesetze genau des Landes verstoßen haben, in dem sie nach Aussage ihres Parteivorsitzenden doch gerade angekommen sind. Zu dumm nur, sich fast zeitgleich dabei erwischen zu lassen. Doch wer weiß, wahrscheinlich war die ganze Angelegenheit von langer Hand mit viel Zoni-Chuzpe geplant und diente als Art Auftaktveranstaltung zur Gründung einer neuen Plattform: AG KleptomanInnen und andere Kriminelle in und bei der PDS. Einen Hinweis darauf gibt - wieder mal - die Bild-Zeitung, die wissen will, daß der gerade in Hamburg gefaßte Auftragsmörder im Sommer letzten Jahres in einer Talkshow als Claqueur von Caterina "Wimperntusche" Muth fungierte: "Mietkiller klatschte PDS Beifall". Auch ziemlich originell, daß sich vor diesem Hintergrund der ehemals volkseigene Zweiradhersteller Diamant nicht scheut, ein neues Modell namens "Topas" auf den Markt zu bringen.

Würde die Hamburger Illustrierte "Stern" nur aus der Rubrik "Was macht eigentlich ...?" bestehen, wäre ich einer ihrer treuesten Käufer. Denn wo sonst erfährt man, was einst so bekannte Persönlichkeiten wie West-Kosmonaut Ulf "die Anwort auf Sigmund Jähn" Merbold oder Ivel Kneavel - wollte in den frühen 70ern mit einem raketenbetriebenen Motorrad den Grand Canyon überqueren - jetzt so treiben. Was aus dem under-cover-Ali Günther Wallraff geworden ist, konnte mir der Stern jedoch nicht beantworten. Aber dafür gibt es ja das DAK-Magazin. Im Inhaltsverzeichnis der jüngsten Ausgabe groß angekündigt: "Ein Interview mit dem Autor und Schriftsteller über Menschenrechte und Sozialversicherung". Im Heft selber prangt über dem "Gespräch mit dem Bezirksgeschäftsführer der DAK Köln-Elberfeld" die Kracher-headline "Fernöstlicher Zauber soll nicht von den Kassen finanziert werden". Neben dieser interessanten Position und der Einsicht: "Ich bin vielen wirklichen Problemen der heutigen Gesellschaft nachgegangen. Das können sie in meinen Büchern nachlesen", gibt Wallfaff auch sein Wissen preis: "Ich weiß - viele schielen zuerst auf den vermeintlich günstigsten Beitragssatz, der dann allzu oft mit minderer Leistung recht teuer bezahlt wird. Von daher ist die DAK ihren Preis wert ..."

Ein äußerst frustierendes Hörerlebnis bescherten so um 1976/77 'rum die sog. "Stars-on-fortyfive"-Singles. Auf eine höchstens 7 Minuten langen Schallplatte wurden die ersten Takte von ca. 10 aktuellen Hits gepreßt. Als Übergänge dienten einige Disco-Beats. Auch wenn die einzelnen Stücke erfreuten, Spaß machte dieser akustische Interruptus nicht. Daher ist auch nicht einsehbar, warum die Herausgeber des Buches "Roter Holocaust?", Wippermann und Mecklenburg, auf ihrer Veranstaltung "Deutsche Geschichtspolitik zwischen Wehrmachtsausstellung und Schwarzbuch des Kommunismus" das inhaltlich nur zu begrüßende Projekt, den "Fetisch Wehrmachtsausstellung" (Wippermann) zur Abwechslung mal von links zu kritisieren, in oben genannter Form darboten. In einer Dreiviertelstunde wurde in rasender Geschwindigkeit munter zwischen den Ebenen Kritik am "Schwarzbuch des Kommunismus", Kritik der rechten Kritik an der Wehrmachtsausstellung, Kritik an der Wehrmachtsausstellung, Kritik am Hamburger Institut für Sozialforschung und Kritik der deutschen Linken hin und her gesprungen. Das Publikum - mit den vorausgesetzten Diskursen offenbar nicht immer vertraut - war sichtlich überfordert.

(C.S.)