Aus dem Kieler Rat

Eiertanz um Doppelpaß

Als ein "antiquiertes wilhelminisches Gesetz von 1913" bezeichnete Lutz Oschmann (Grüne) in der Ratsversammlung vom 21.1. das deutsche Staatsbürgerschaftsrecht. Dem will - wie man weiß - die rosa-grüne Koalition in Bonn ein antiquiertes schröderisches Gesetz von 1999 entgegensetzen, was auch im Kieler Rat Diskussionen auslöste. Der Kieler Rat ist dafür zwar nicht direkt zuständig, doch hatten die Grünen den Antrag auf eine Resolution zur Begrüßung der Bonner Umtriebe gestellt. Diesem Antrag hatte sich die SPD angeschlossen - nach einigen signifikanten Änderungen. So hatten die Grünen etwa die Kriterien aufgelistet, wann ein "Ausländer" Deutscher werden kann. Im interfraktionellen Antrag fehlten diese, wohl auf Betreiben der SPD - schließlich weiß man nie, was Herrn Schily eventuell noch an Blut oder Boden einfällt, welchem man als Kieler SPD selbstverständlich nicht vorgreifen will.

Ratsherr Konrad Wetzel stellte sogar richtig fest, daß der rosa-grüne Entwurf "alle Forderungen der CDU, wann Einbürgerung erfolgen soll, doch teilt". Stimmt, schließlich ist ja die SPD die "neue Mitte". Der Alternativantrag der CDU zur Resolution sei indes "für diese Stadt nicht tragbar". Wetzel: "Man muß dem Volk aufs Maul schauen, darf ihm aber nicht nach dem Mund reden."

Der CDU-Fraktionsvorsitzende Wulff sah in seiner Position jedoch nichts Stammtischhaftes: "Meine Mutter ist Niederländerin." Schon 1996 habe er sich für den "Doppelpaß für Kinder bis 18" eingesetzt und damit bei Parteikollegen nicht nur Sympathien gewonnen. Jedoch sei man mit dem rosa-grünen Gesetzentwurf, der hier begrüßt werden solle, "schlecht beraten". "Die freimütige Verleihung der doppelten Staatsbürgerschaft wird die Integration nicht erleichtern. Integration wird erleichtert durch ein Bekenntnis, nämlich das zur deutschen Staatsbürgerschaft." Die Ablehnung der Rats-CDU habe jedoch nichts mit der Unterschriftenaktion zu tun. Die halte er, so Wulff, "bei so einem komplexen Problem für nicht angebracht". "Wir brauchen ein Einwanderungsgesetz, aber keine amerikanischen Verhältnisse", fuhr Wulff fort. Zwar könne man in Kiel "noch mehr Integration" betreiben, aber das müsse "auf Gegenseitigkeit beruhen".

Die Stadtpräsidentin Cathy Kietzer, selbst Dänin, nutzte die Debatte zu einem leidenschaftlichen Plädoyer für den Doppelpaß. Sie selbst hätte schon gerne früher für die Ratsversammlung kandidiert, aber erst das Europarecht habe ihr das ermöglicht. An Wahlen zu Bundestag und Landtag dürfe sie dennoch immer noch nicht teilnehmen. Die Aufgabe der dänischen Staatsbürgerschaft liege ihr jedoch fern, da dies auch "eine Entfremdung von meinen dort lebenden Verwandten" bedeuten würde. Zwar werde auch in anderen europäischen Staaten das Staatsbürgerschaftsrecht rigide gehandhabt, aber Deutschland müsse ja "nicht immer das Ende der Fahnenstange" sein. Es werde "keinen Grund geben, das neue Staatsbürgerschaftsrecht zu bereuen", warf sie den Zweiflern in der CDU entgegen.

Die Resolution wurde mit den Stimmen von SPD und Grünen angenommen.

(jm)