Kultur

USENKUSS mit "augenstaub" in der Alten Meierei

Pulsierende Pixel

Auf der Leinwand leckt sich ein riesiger Mund die Lippen, und das zuckende Licht des Lippenstifts taucht Claudias Gesicht in grelles Rot. "Mundfunk" heißt zum "Bild in Bewegung" passend das Lied, das "usenkuss" gerade probt. Derart "Livehaftiges für Auge und Ohr" läßt das Programm "augenstaub" erwarten, das die Eckernförder Band und 14 Filmemacher von Kiel bis Hamburg zu einem "bimedialen" Projekt zusammengeführt hat. "usenkuss" ist als Nebenprodukt der Zusammenarbeit der Sängerin Claudia Unzen und des Gitarristen, Saxophonisten und Computermusikers Gerhard Breier im Duo "Esther's Parents" entstanden.

Esthers Eltern jedoch sind längst verstorben, nunmehr macht das um Björn Petersen an Baß und Percussion zum Trio ergänzte Duo weitaus experimentellere Klänge und Texte. Letztere entstammen einem Musenkuß, den Claudia seit 1997 auf den nachdenklichen Wangen trägt. Und der Knutschfleck der Kalliope ist mal paarreimend über diffizile Liebe, mal deutlich politisch gefärbt. So etwa in "Schweig doch", wo "Reproduktionen der Vergangenheit machen angst und bang", über die zu schweigen jedoch keinesfalls Gold ist. Musikalisch findet diese zurückhaltende, ohne Pretiosen auskommende, allenfalls mal wortspielende Lyrik Ausdruck in einem Crossover aus trashiger Punkpercussion, synthetisierten Ambientklängen, handgemachter Gittarei und weitatmender Saxophonie. Ein Schuß Drum'n'Bass gibt der Sache die düstere Würze.

"faktor 2.5" heißt die entsprechende CD. "Weil Musik und Bild, zwei Elemente, die hier zusammengefügt werden, etwas mehr ergeben als die Summe ihrer Teile", interpretiert Gerhard den Titel. Aus Eckernförde kennt er den Medienpädagogen Henning Fietze, der die CD an junge, noch unbekannte Filmemacher weitergab, die sich "von ihrem jeweiligen Lieblingssong" zu filmischen Visualisierungen inspirieren ließen. Die Ergebnisse seien jedoch "keine bunten Bilder für eine Band", sagt Henning, sondern sie entwickelten "fifty-fifty" eine Eigendynamik, die getreu der Kollisionsmontage auch mal die Aussage des Songs konterkariert. Rechnergestützte Videoclipästhetik hat da ebenso ihren Platz wie ein über einen Super-8-Streifen gescratchter Edding, Dia-Sandwiches und Projektionen auf zerknitterten Stoff oder Klarsichtfolie. "Es ging uns nicht um klare, sondern ausdrucksstarke Bilder", faßt Gerhard das "augenstaub"-Konzept zusammen.

Wie so oft in den kulturellen Hinterhofgefilden nahe der Trashtonne wächst auch hier genau aus diesem "Randbereich" ein enormer Kreativitätsschub, befreit von abgefeimten "Regeln der Kunst" - außer man wählt sie sich freiwillig. Musik und Bild verschmelzen zu einer "inszenierten Installation" pulsierender Pixel, bei der auch der Zufall nicht völlig ausgeschlossen ist.

(jm)

Fr, 19.2., 21 Uhr (Einlaß ab 20 Uhr) in der Alten Meierei (Hornheimer Weg 2). Im Vorprogramm die Eckernförder Improvisationstheatergruppe "ImProfil".