KERNspalte

Wenn die Bedrohung direkt vor der eigenen Haustür steht, wird die eine oder der andere doch wach. So riefen in diesem Monat Einwohner aus der Gegend um Schermbeck (NRW) zur Demonstration auf. Auf der Sonderabfalldeponie Hünxe sollen voraussichtlich ab Ende 1999 70 t einbetonierte Abfälle aus radioaktiv belastetem Schrott und aus Schmelzversuchen gelagert werden.

Die WendländerInnen stehen sicher gerne mit ihren Erfahrungen im Widerstand zur Verfügung. Hier wird die Lagerung vorerst aus anderen Gründen verzögert: Eine 125 Jahre alte Brücke über die Jeetzel ist so marode, daß sie jetzt für schwere Güterzüge gesperrt wurde. Somit können derzeit keine Castor-Behälter per Bahn ins Zwischenlager Gorleben transportiert werden. Die Bahn AG überlegt nun, die Brücke entweder instandzusetzen oder eine Behelfsbrücke einzurichten. Zugleich läßt die Gesellschaft für Nuklear-Service (GNS) ihrerseits überprüfen, ob die nächsten Castor-Transporte nicht gleich mit Lastwagen ins Wendland gelangen können. Zwar seien z.Z. noch keine Atommülltransporte nach Gorleben beantragt, jedoch stehen in La Hague insgesamt sechs Behälter mit Glaskokillen zur Abfahrt bereit.

Hingegen hat die "Pacific Swan" den französischen Hafen Cherbourg mit 40 t Atommüll aus der Wiederaufbereitung verlassen und wird in 6 bis 8 Wochen im japanischen Mutsu Ogawara erwartet. Es ist der vierte Transport dieser Art innerhalb von 5 Jahren. Die Route, die das Schiff nehmen wird, ist bisher nicht bekannt.

Dafür konnte fadenscheinigen Argumenten für eine Fortführung der Wiederaufbereitung von deutschen Brennelementen im Ausland wieder einmal der Wind aus den Segeln genommen werden. Nachdem Greenpeace vor einigen Wochen nachwies, daß nach deutschem Recht ein sofortiges Verbot sogar ohne Schadensersatzansprüche möglich ist, belegt die Umweltschutzorganisation nun in einem weiteren Rechtsgutachten, daß damit auch nicht gegen europäisches Recht verstoßen wird.

Ebenfalls begutachtet wurde der geplante Bau der Atomreaktoren Khmelnizki-2 und Rowno-4, "K2/R4". Dabei kam die European Investment Bank (EIB) zu dem Ergebnis, daß das Vorhaben überflüssig ist, da der Strommangel in der Ukraine nicht durch fehlende Kraftwerke, sondern durch Probleme bei der Brennstoffversorgung verursacht wird. So könne der dritte und letzte Block bei Tschernobyl geschlossen werden, ohne dafür neue Stromkapazitäten aufzubauen. Zudem seien die Kosten für K2/R4 unterschätzt worden. Die Finanzierung wollen die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE), Euratom und als Hauptgeberland die BRD u.a. in Form von Exportbürgschaften übernehmen. Für Ende März wird eine Entscheidung der EBWE über den "Schlüsselkredit" erwartet: Gibt sie ihre Zusage nicht, so werden sich auch die anderen Finanziers aus dem Vorhaben zurückziehen.

(us)