Lokales

Zeugnis ablegen

Von den Nazis mit Berufsverbot und Zwangsarbeit belegt, wurde Victor Klemperer, Romanist und Sohn eines Rabbiners, zum Protokollanten des nazistischen Alltags. In Bedrängnis und Isolation war für ihn das Schreiben zum letzten Halt geworden. Und so führte er nicht nur Tagebuch, sondern arbeitete auch an einem Buch, daß schon bald nach 1945 erscheinen sollte: "LTI - Die Sprache des Dritten Reiches", in dem der Philologe sich mit der Verballhornung der Sprache durch die Propagandamaschine der Nazis und ihrer Heerscharen von Nachplapperern auseinandersetzt. Viel später wurden auch seine Tagebücher unter dem Titel "Ich will Zeugnis ablegen bis zum letzten" veröffentlicht.

Als der braune Spuk vorbei war, konnte Klemperer endlich wieder lehren, was er an verschiedenen Universitäten der DDR bis in die 50er Jahre hinein tat. Das Schreiben konnte er bis zu seinem Tode 1960 nicht lassen. Das Ergebnis: "So sitze ich denn zwischen allen Stühlen", ein Dokument über die frühen Jahre der DDR.

Walter Nojowski hat sich seit 1978 mit den Aufzeichnungen Klemperers befaßt und war an ihrer Veröffentlichung beteiligt. Am 21.3. kommt er nach Kiel ins jüdische Gemeindezentrum in der Wikinger Str. 6 um aus den Werken Klemperers zu lesen. Die vom Bildungswerk anderes lernen mitorganisierte Veranstaltung beginnt um 15 Uhr.

(wop)