Anti-Militarismus

Krieg um Blei?

Zum bunten Interessengemenge, das die NATO-Staaten - in durchaus unterschiedlichem Maße - bei ihrer Aggression umtreibt, gehört eines mit Sicherheit nicht: die Menschenrechte. Wirtschaftliche Gründe lassen sich allerdings schon einige benennen, obwohl es sicherlich verkürzt wäre anzunehmen, daß diese allein ausschlaggebend sind.

Zum einen wäre da Jugoslawiens geografische Lage: Der Balkan spielt in der Infrastrukturplanung des Westens und v.a. der EU eine nicht unwesentliche Rolle. Seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion gibt es in Brüssel Überlegungen über die Schaffung eines Netzes von Straßen, Eisenbahnen und nicht zuletzt Pipelines, das Westeuropa einen von Rußland unabhängigen Zugang zu den reichen Erdöl- und Gasvorkommen Zentralasiens verschaffen soll. Eine Option wäre eine Route über den Balkan, und da würde der unsichere Kantonist und potentielle Bündnispartner Moskaus, Milosevic, natürlich stören. Ebenso sieht man es nicht gerne, daß eine der wichtigsten Verkehrsadern Ostmitteleuropas, die Donau, durch einen unzuverlässigen Staat fließt.

Ein anderes Mosaiksteinchen im komplexen Bild der Interessen bilden Minen in der Nähe der nordkosovarischen Stadt Trepca. Sie gehören zu den reichsten Blei- und Zinklagerstätten Europas. Außerdem werden Cadmium, Silber und Gold gefördert. Schon die alten Griechen und später die Römer sollen hier Bergbau betrieben haben. Heute befinden sich in der Nachbarschaft zahlreiche verarbeitende Betriebe, u.a. auch die größte Batterieproduktion des Landes. Der Soziologe und Historiker Andre Gunder Frank schreibt in einem Beitrag im Internet: "Die Minen waren für die Nazis das große Los, als sie sie nach der Besetzung von den Briten übernahmen. Sie sind von großer industrieller und militärischer Bedeutung. (...) Heute helfen ihre Erträge, die Bundesrepublik Jugoslawien am Laufen zu halten." Der Korrespondent der New York Times schätzt den Wert der im Staatsbesitz befindlichen Minen auf mindestens 5 Mrd. US-$. Neben den wertvollen Erzen gibt es in der umkämpften Provinz auch reiche Vorkommen an Braunkohle. Ob es Zufall ist, daß das Rambouillet-Abkommen für Kosovo eine freie Marktwirtschaft fordert?

(wop)